Polen und mehr – 29.09. bis 12.11.2021
1. Teil – 29.09. bis 19.10.2021
Aus verschiedenen Gründen hatte sich der 29.09.2021 als frühestmöglicher Abreisetermin für unsere Reise nach Polen ergeben. Und wie hätte es auch anders kommen sollen – nach einigen schönen Herbsttagen änderte sich just an diesem Tag das Wetter und wir mussten, wie schon bei unserer Reise nach Frankreich, bei strömendem Regen die letzten Dinge ins Wohnmobil räumen und Einkäufe erledigen. Toller Start ☹
Bis zum Kamener Kreutz lief der Verkehr ziemlich schleppend, auf der A 2 wurde es zunächst etwas besser. Als wir im Verkehrsfunk hörten, dass es hinter Bad Oeynhausen einen LKW-Unfall gegeben hatte, die Aufräumarbeiten voraussichtlich bis zum Abend dauerten und mit Verzögerungen von über 90 Minuten zu rechnen war, nahmen wir von unserem ursprünglichen Vorhaben, zunächst durch die Lüneburger Heide zu fahren, Abstand und verließen die Autobahn bei Bielefeld-Süd. Aber auch auf der Landstraße Richtung Osten ging es durch verschiedene Baustellen relativ langsam weiter.
Für die Nacht hatten wir uns einen Wohnmobilstellplatz in Hameln ausgeguckt. Laut ADAC Stellplatzführer 2021 sollte der Platz zwischen Bürogebäuden am Hafen liegen. Als wir um 17:15 Uhr dort ankamen, waren 25 der 27 Stellplätze bereits belegt – damit hatten wir nun wirklich nicht gerechnet. Es gab noch 2 relativ schmale und schräge Plätze direkt an der Straße. Auf einem davon blieben wir stehen. Der Platz war tatsächlich von Bürogebäuden umgeben, aber vom Hafen sahen wir nichts. Hinter dem Platz war eine Gleisanlage. Da es immer wieder regnete, verzichteten wir auf einen Spaziergang zur Erkundung des weiteren Umfelds. In der Nacht schliefen wir schlecht, denn die Lärmbelästigung durch vorbeifahrende Fahrzeuge war ziemlich hoch. Wir würden nicht noch einmal dort hinfahren.
Am nächsten Morgen waren die dicken Regenwolken verschwunden, die Sonne schien bei leichter Bewölkung, aber es war mit 10°C recht frisch. Wir fuhren weiter über die B1 und A2 bis Magdeburg. Dort wollten wir auf einem der beiden Wohnmobilstellplätze am Elbufer (einer mit 50, der andere mit 30 Plätzen) nächtigen. Als wir gegen 16:00 Uhr dort ankamen, war bereits alles belegt – schade.
Wir fuhren weiter in Richtung Schönebeck und blieben in Plötzky auf dem Wohnmobilstellplatz des Campingplatzes am Kolumbussee. Der Platz lag im Wald, wir waren die einzigen dort und hatten eine ruhige Nacht.
Am nächsten Morgen (01.10.) sollte es dann nach Polen gehen. Wolfgang hatte bei der Vorbereitung der Reise in Erfahrung gebracht, dass für Wohnmobile >3,5 t in Polen nicht nur auf Autobahnen, sondern auch auf verschiedenen Landstraßen Mautpflicht besteht und dass das alte Mauterhebungssystem „via-TOLL“, bei dem man sich eine entsprechende Box für die Dauer der Reise leihen konnte, am 01.10.2021 abgeschaltet und durch ein neues System namens „e-Toll“ ersetzt werden sollte. Bei diesem System kann man entweder eine Box kaufen oder die gefahrene Strecke über eine App erfassen lassen. Wir entschieden uns für die App-Lösung. Dazu musste zunächst ein Konto eingerichtet werden, was Wolfgang auch gemacht hatte, aber es war ihm aus irgendeinem Grund nicht gelungen, dieses Konto auch freischalten zu lassen. Er hatte allerdings herausgefunden, dass es am Grenzübergang von Frankfurt (Oder) nach Polen eine 24/7 e-TOLL Servicestation für Probleme bei der Installation geben sollte. Daher waren wir noch frohen Mutes als wir gegen 13:30 Uhr die polnische Grenze auf der A2 erreichten. Von e-Toll sahen wir dort allerdings weit und breit nichts. Wir fuhren weiter bis zur ersten Tankstelle, aber auch dort konnte man uns nicht weiterhelfen. Wir suchten die genauen Koordinaten dieser Servicestation heraus und wollten uns auf den Rückweg machen. Bis zur nächsten Ausfahrt waren es allerdings noch 74 km, so wurde es eine etwas längere Fahrt. Wir landeten schließlich auf dem Zollgelände nahe der Grenzstation. Nach einigem hin und her fand Wolfgang auch das Gebäude, in dem die Servicestation untergebracht war. Er war allerdings nicht der Einzige dort. Vor ihm stand eine lange Schlange von LKW-Fahrern, die ebenfalls Hilfe suchten. Da es bereits Abend war, beschlossen wir die Aktion erst einmal abzubrechen, nach Deutschland zurückzufahren und uns einen möglichst grenznahen Stellplatz für die Nacht zu suchen. Den fanden wir in Müllrose vor dem Gelände der Firma „Camping Nitschke“ – nichts Tolles, aber wir haben dort gut geschlafen.
Als wir am nächsten Vormittag wieder zum Zollgelände kamen, war es vor der e-TOLL Servicestation wieder genauso voll wie am Vortag. Man konnte dort keine Wartenummer ziehen, sonders musste sich in ein Heft eintragen, um diese zu erhalten. Auch wurde nirgends angezeigt, welche Nummer gerade dran war, sondern sobald man dran war, musste man seinen Eintrag in dem Heft durchstreichen und damit war klar, welche Nummer als nächstes dran war. Wolfgang kam mit einem Weißrussen ins Gespräch, der leidlich Englisch sprach. Er erzählte ihm, dass er bereits seit über 4½ Stunden dort wartete. Er hatte die Nummer 35, zu dem Zeitpunkt war Nummer 14 dran, Wolfgang hatte Nummer 116 ….
Wolfgang hatte keine Lust im Gang vor der Servicestation auf unbestimmte Zeit zu warten, zumal die Männer dort dicht gedrängt standen und nur die wenigsten von ihnen eine Maske trugen.
Zurück im Wohnmobil packte ihn nochmal der Ehrgeiz: Er schaute sich alle e-TOLL Tutorials noch einmal an, löschte sein nicht bestätigtes Konto und begann noch einmal von vorne. 3 Stunden später war das Konto bestätigt, die App funktionierte allerdings immer noch nicht. Die automatische Akku-Optimierung musste deaktiviert werden, aber wir fanden zunächst keine Möglichkeit, dies auf dem Huawei P30 Handy zu tun. Wir suchten im Internet nach Lösungen, aber nichts von dem was wir fanden ließ sich auf unserem Handy realisieren. Wir beschlossen, nach Müllrose zurückzufahren und von dort beim deutschen Huawei Helpdesk anzurufen, aber auch das brachte nicht den gewünschten Erfolg. Der Mann an der Leitung hatte kein Huawei-Handy zur Hand, wollte erst seinen Kollegen fragen und dann in 5 – 10 Minuten zurückrufen. Wir tüftelten derweil weiter und irgendwann war die automatische Akku-Optimierung für die e-Toll App deaktiviert und die App konnte gestartet werden. Den Rückruf erhielt Wolfgang nicht, dafür am nächsten Tag eine Email von Huawei mit der Bitte um Bewertung der Hilfeleistung……
Wir machten noch einen Spaziergang durch den Ort, gönnten uns dabei noch ein Eis und zum Abendessen je einen Dönerteller vom benachbarten Imbiss, um diesem Kapitel unserer Reise noch einen wohlschmeckenden Abschluss zu geben.
Am 03.10. konnten wir dann tatsächlich mit unserer Rundreise durch Polen beginnen. Unser erstes Ziel war Poznań, das ehemalige Posen. Nachdem wir die polnische Grenze über die A 12 passiert hatten, fuhren wir noch ein Stück auf der A2 und verließen dann die Autobahn, um unseren Weg auf der Landstraße fortzusetzen. Wir fuhren größtenteils durch plattes Land mit endlosen Feldern, manchmal unterbrochen durch kleine Waldstücke. Der Jahreszeit entsprechend luden diese Wälder förmlich zum Pilze suchen ein, aber wir trauten uns nicht mehr. Zu lange war es her, dass wir uns ernsthaft mit Pilzen beschäftigt hatten.
Gegen 14:00 Uhr erreichten wir Poznań. Wir checkten auf dem Campingplatz am Hotel Malta ein und machten uns zu Fuß auf den 4 km langen Weg zum Zentrum der Stadt. Es war Sonntag und das Wetter war schön, dem entsprechend voll war es auf dem zentralen Platz und in den angrenzenden Restaurants. Covid 19 schien hier längst vergessen, keine Masken, keine Abstands- oder 3G-Regeln. Die Häuser um den Platz waren alle sehr schön hergerichtet. Wir folgten der sogenannten „Route der Könige und Kaiser“ und kamen an vielen imposanten Gebäuden und Plätzen vorbei. Zum Abschluss gab es dann noch ein Eis und dann fuhren mit der Straßenbahn zurück zum Campingplatz.
Am nächsten Morgen fuhren wir noch einmal mit der Straßenbahn ins Zentrum von Poznań. Unser erstes Ziel war die Dom-Insel. Auf unserem Weg zum Dom kamen wir an einem Haus mit einer in 3D bemalten Wand vorbei, die bei einer Umfrage des Magazins „National Geographic Travel“ zu einem der „Neuen Sieben Wunder“ Polens gewählt worden war und die Geschichte des Stadtbezirks Śródka darstellt.
Über die Cybina, einem Nebenfluss der Warthe, gelangten wir zur Dom-Insel. Laut Stadtführer der Touristeninformation sollte in dem riesigen weißen Betonkubus dort, der „Porta Posnania“, mittels einer Multimedia- und interaktiver Show die Geschichte der Dom-Insel präsentiert werden, das Gebäude war allerdings geschlossen.
Der 968 erbaute Dom soll der erste Dom Polens sein. Leider konnten wir ihn uns nicht von innen ansehen, da dort gerade eine Messe zur Beerdigung einer wohl bedeutenden Person stattfand, wie wir aus der Anwesenheit vieler uniformierter Trauergäste schlossen.
Von dort ging es weiter über die Warthe zur Altstadt. Es war nicht ganz so voll wie am Vortag, aber trotzdem noch sehr belebt. Uns überraschte vor allem, wie viele Schulklassen dort mit ihren Lehrern unterwegs waren. Wir wollten den Turm des Königsschlosses Przemysl besteigen, von dem man einen guten Überblick über Poznań haben soll. Das Schloss, das heute das Museum für angewandte Kunst beherbergt, war leider auch geschlossen und damit auch der Zugang zum Turm ☹.
Wir schlenderten noch durch einige Altstadtgassen, die wir uns am Vortag nicht angesehen hatten und fuhren dann mit der Straßenbahn ein paar Haltestellen zurück bis zum Malta-See, um die letzten Kilometer bis zum Campingplatz dann wieder am Seeufer zu Fuß zurückzulegen. Dort wurden unterschiedlichste Freizeitaktivitäten angeboten, neben einer Therme und diversen Wassersportmöglichkeiten auch Bungee-Springen von einem Kran, eine Sommerrodelbahn und eine Ganzjahres-Skipiste.
Von Poznań ging es auf direktem Weg auf der 15 über Gniezno (Gnesen) und Inowrocław (Hohensalza) nach Toruń, dem ehemaligen Thorn an der Weichsel. Auch hier fuhren wir weitgehend durch ebenes, meist landwirtschaftlich genutztes Land, kurz vor Toruń wurde es dann waldig.
Es dauerte eine Weile bis wir in der Stadt einen geeigneten Parkplatz gefunden hatten. Letztendlichen stellten wir unseren MEXI auf einem Busparkplatz an Bahnhof ab, von wo wir die Altstadt zu Fuß erreichen konnten.
1997 wurde die Altstadt von Toruń zum Weltkulturerbe erklärt. Bis auf einen Straßenzug aus dem späten 19. Jahrhundert stammen dort fast alle Bauten noch aus dem Mittelalter.
Nach Meinung vieler Historiker soll Toruń der Geburtsort des Astronomen Nikolaus Kopernikus sein. Ein entsprechendes Denkmal fanden wir vor dem Rathaus, an seinem Geburtshaus kamen wir bei unserem Spaziergang durch die Altstadt nicht vorbei.
In Toruń überraschte uns wieder, wie viele Schulklassen aller Altersstufen auch dort mit ihren Lehrern auf Erkundungstour waren.
Wir übernachteten auf dem Campingplatz Hotel Tramp gegenüber der Altstadt auf der anderen Seite der Weichsel. Es war ein einfacher Campingplatz auf dem nur ein weiteres Wohnmobil stand. Entsprechend ruhig war es dort zunächst. Als es dunkel wurde, hörten wir dann plötzlich lautes Gerede und Gekicher. Eine der Schulklassen, die wir am Nachmittag in der Stadt gesehen hatte, übernachtete im Hotel Tramp. Vor dem Schlafengehen feierten die Jugendlichen noch ausgiebig am Lagerfeuer auf dem Campingplatz. Gegen 22:00 Uhr war auch für sie Zapfenstreich – alles gut.
Wir verließen den Campingplatz gegen 10:30 Uhr, machten in Toruń noch einige Besorgungen und verließen die Stadt dann über die 15, S 6 und 16 in Richtung Olsztyn (Allenstein). Es war den ganzen Tag über grau und regnete immer wieder. Die Fahrt ging durch eine mit Ackerbau, Viehzucht und Wald durchsetzte Seenlandschaft, so wie man sich Masuren vorstellt. Leider war es fast nirgends möglich, bis an die Gewässer heranzukommen. Offene Campingplätze waren zu dieser Jahreszeit dünn gesät. So dauerte es eine ganze Weile, bis wir etwas Geeignetes gefunden hatten. Gegen 16:00 Uhr steuerten wir „Agro Camp Olsztyn“an, einen einfachen Campingplatz, der laut Campingführer direkt am Ukiel-See liegen sollte. Die letzten zwei Kilometer zu diesem Platz waren schon recht abenteuerlich, nicht asphaltiert, viele Schlaglöcher, zum Teil auch Wellblechpiste. Das erinnerte uns sehr an Südamerika. Es gab eine Rezeption, aber die war nicht besetzt. Dagmar lief dort etwas herum und dann kam auch eine Frau, die einigermaßen Deutsch sprach. Sie zeigte uns die Entsorgungsstelle für die Toilette, die Sanitäranlagen und wir konnten uns einen Stellplatz aussuchen. Es war nur noch ein weiteres Wohnmobil aus den Niederlanden dort. Wir installierten uns nahe am Wasser. Wir hatten Strom und einen schönen Blick auf den See – unser Haus am See. Als es schon dämmerte, hörten wir auf einmal ein lautes Platschen im Wasser. Eine wohl zum Campingplatz gehörende Gruppe von weißen Gänsen hatte sich ins Wasser gestürzt, um dort ein Bad zu nehmen.
Während der Nacht trommelte der Regen auf unser Dach, aber am nächsten Morgen hatte es wieder aufgehört und wir konnten sogar einen schönen Sonnenaufgang über dem See beobachten. Wir verließen den Platz am späten Vormittag, um uns die Altstadt von Olsztyn anzusehen. Auch hier gestaltete sich die Parkplatzsuche schwierig. Die bewachten Parkplätze waren mit Höhenbegrenzungen von unter 3,00 Meter versehen, so dass sie für uns mit unseren 3,44 Metern nicht zugänglich waren. Wir entschieden uns schließlich für einen Platz am Straßenrand einer Seitenstraße und machten uns zu Fuß auf den Weg in die Altstadt.
Der Altstadtbereich war dort nicht so herausgeputzt wie in Poznań und Toruń, aber trotzdem recht schön anzusehen. Besonders beeindruckend war die Burg Olsztyn. Dort trafen wir auch wieder auf Nikolaus Kopernikus, der dort wohl eine Zeitlang als Stadthalter seinen Wohnsitz hatte.
Zum Abschluss unseres Rundgangs gönnten wir und noch ein Eis und fuhren dann weiter Richtung Ruska Wieś (Reuschendorf).
Wir übernachteten auf dem Wohnmobil-Stellplatz Camping-Pension Seeblick in Mrągowo (Sensburg) in der Nähe von Ruska Wieś. Der Platz war eigentlich schon geschlossen, aber wir konnten trotzdem dortbleiben. Uns gefiel es so gut auf diesem terrassierten, direkt am Jezioro Czos (Schoss-See) liegenden Wiesenplatz, dass wir uns am nächsten Morgen spontan entschlossen, einen Ruhetag einzulegen und eine weitere Nacht dort zu verbringen. Die Nächte waren dort sternenklar und am Morgen war es mit ca. 3,5° C schon so kühl, dass die gesamte Wiese um uns herum weiß von Reif war und sich über dem See eine Nebelschicht gebildet hatte.
Wir fuhren nach Święta Lipka (Heiligelinde), um uns dort die Wallfahrtskirche anzusehen. Als wir dort ankamen, war der Parkplatz bereits gut mit Reisebussen und PKWs gefüllt, aber uns wurde sofort einer der noch freien Plätze zugewiesen. Die Kirche war schon von außen sehr imposant. Da drinnen gerade eine Messe gefeiert wurde, erkundeten wir zunächst den Außenbereich. Die Wallfahrtskirche liegt an dem polnischen Jacobsweg, der von der litauischen Grenze nach Olsztyn (Allenstein) führt. Ein Granitstein mit einer eingemeißelten Muschel vor dem Kirchengelände weist darauf hin.
Nach Ende der Messe konnten wir dann auch den Innenraum der Wallfahrtskirche besichtigen. Es war ziemlich voll dort, denn mit uns hatte eine Reihe von Reisegruppen auf diesen Moment gewartet.
Der Innenraum der Kirche ist reichhaltig dekoriert. Besonders berühmt ist diese Wallfahrtskirche für ihre pompöse Orgel mit bewegter Geschichte. Wenn es um Spenden geht, werden dort allerdings überraschend moderne Wege beschritten: Statt der sonst üblichen Wachskerzen oder Teelichte kann man dort gegen einen Obolus Glühbirnen zum Leuchten bringen und statt eines Klingelbeutels steht dort ein Spendenautomat bereit, an dem man mit Visa und MasterCard bezahlen kann.
Neben der Wallfahrtskirche hat Święta Lipka unserer Meinung nach nicht allzu viel zu bieten. Gegenüber der Kirche reiht sich ein Souvenirladen an den nächsten, aber das Angebot dort traf nicht unseren Geschmack.
Wir fuhren weiter nach Gierłoż (Görlitz) bei Kętrzyn (Rastenburg), wo sich die Wolfsschanze, die Überreste einer Bunkeranlage befinden, die der deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg als eines der Führerhauptquartiere gedient hatten. Das Gelände wurde ab 2012 zunächst als eine Art Freizeitpark geführt, in dem sowohl Erwachsene als auch Kinder unter anderem mit Repliken militärischer Waffen in einem der erhalten Bunker Schießübungen machen konnten. 2019 wurde das Gelände von einem neuen Pächter übernommen, der den Park unter einem neuen Konzept führt, bei dem mehr Wert auf die Vermittlung des historischen Hintergrundes dieser Anlage als auf Freizeitvergnügen gelegt wird.
Wir hatten vorher keine Vorstellung davon, was uns hier erwarten würde und waren von der Größe des Areals überrascht. Zu jeder der Ruinen und der noch erhaltenen Gebäude gab es genaue Beschreibungen und zum Teil auch einige historische Fotos. In der ehemaligen Stabsbesprechungsbaracke war ein kleines Museum eingerichtet worden, in dem unter anderem die Szene des missglückten Attentats auf Hitler nachgestellt wurde.
Wir spazierten ca. eineinhalb Stunden durch das Gelände und machten uns dann auf die Suche nach einem Campingplatz. Wir hätten auf dem Parkplatz der Wolfsschanze übernachten können, es gab dort einen separaten Teil für Wohnmobile, aber irgendwie hielt uns dort nichts mehr.
Die Suche nach einem Campingplatz gestaltete sich schwieriger als erwartet, denn die Plätze, die laut unserer Stellplatzführer in der näheren Umgebung sein sollten, fanden wir mit den angegebenen Adressen und Koordinaten nicht oder es gab sie vielleicht gar nicht mehr. Letztendlich sahen wir am Wegesrand ein Hinweisschild zum „Campingplatz zum Teich“, dem wir dann folgten. Über einen recht schmalen Weg kamen wir gegen 17:30 Uhr an dem kleinen Naturcampingplatz an und hatten Glück, denn es war gerade noch ein Platz frei. Der Campingplatzbesitzer sagte uns, dass er gerade dabei wäre, für seine bereits anwesenden Gäste ein Hirschgulasch vorzubereiten, das um 18:00 Uhr am Lagerfeuer zusammen mit sauren Gurken, Brot und Wein serviert würde. Es wäre genug von allem vorhanden und wir könnten gern noch dazukommen. Da sagten wir natürlich nicht nein und verbrachten einen schönen Abend mit einer Gruppe von Wohnmobilisten aus dem Havelland.
Dieser Campingplatz lag zwar am See (Jezioro Warniak), aber um dort hinzugelangen, musste man sich über Trampelpfade durchs Gebüsch schlagen und dort stand man dann im hohen Schilf. Spaziergang am See entlang – nicht möglich. Das war nicht das, was wir uns vorgestellt hatten. Auch gab es auf dem Campingplatz keinen Handyempfang, daher machten wir uns am nächsten Vormittag auf den Weg Richtung Gołdap (Goldap) an der polnisch-russischen Grenze.
Wir fuhren auf der 65 zunächst bis Ełk (Lyck), wo wir mal wieder unsere Lebensmittelvorräte auffüllten und dann weiter über Olecko (1928 -1945 Treuburg) nach Gołdap. Die Strecke führte an einigen der masurischen Seen vorbei, aber zu unserem Bedauern waren diese häufig durch dichten Baumbestand und hohe Büsche verdeckt und dadurch kaum zu sehen.
In Gołdap wollten wir am gleichnamigen See (Jezioro Gołdap) auf dem Camping Nr. 220 übernachten. Als wir am späteren Nachmittag dort ankamen, mussten wir feststellen, dass dies wohl kein ganzjährig betriebener Stellplatz war. Das Tor zu dem Gelände mit den Wohnmobil- und Caravanstellplätzen war zwar geöffnet, aber die Rezeption war unbesetzt und auch sonst sahen wir niemanden dort. Als wir noch überlegten, was wir nun tun sollten, sahen wir, dass einige Einheimische mit ihren PKWs auf das Stellplatzgelände fuhren, diese dort abstellten, um dann im See zu angeln. Wir beschlossen den MEXI auch erst einmal dort abzustellen, einen Spaziergang am See zu machen und abzuwarten was passiert. Niemanden schien unsere Anwesenheit zu stören, so blieben wir dann auch über Nacht dort.
Am nächsten Morgen war auch dort das gesamte Gelände weiß bereift und über dem See lag eine Nebelschicht. Wir entsorgten noch unser Grauwasser und füllten den Frischwassertank auf, dann fuhren wir los. Auf der Straße hörten wir plötzlich ein gleichmäßig klopfendes Geräusch und wussten beide sofort, dass das nichts Gutes bedeuten konnte. Wolfgang hielt an und richtig – es hatte sich mal wieder ein Stein zwischen der rechten Doppelbereifung verklemmt. Glücklicherweise konnte Wolfgang ihn mit einer Holzlatte hinausstoßen ohne ein Rad abnehmen zu müssen.
Wir fuhren zur polnisch-russischen Grenze. Ursprünglich hatten wir vorgehabt, auf dieser Reise auch nach Kaliningrad (Königsberg) zu fahren. Aber das war leider nicht möglich, da die Vergabe der 8-Tage-Visa für das Kaliningrad-Gebiet wegen Corona auf unbestimmte Zeit ausgesetzt worden war. Wir hofften auf dem Weg zur Grenzstation zumindest einen Wegweiser nach Kaliningrad zu sehen, aber den gab es dort nicht.
Erst im 126 km entfernten Bartoszyce (Bartenstein) wurden wir dann fündig: Dort sahen wir tatsächlich einen Wegweiser nach Kaliningrad. Wir fuhren noch 17 km weiter zu dem Grenzübergang in Bezledy (Beisleiden), wo wir nur noch 35 km von Kaliningrad entfernt waren, aber weiter kamen natürlich auch dort nicht.
Auf der Rückfahrt legten wir noch einen Stopp in Bartoszyce ein und machten einen Sparziergang durch die Altstadt. Auch hier war in den letzten Jahren wohl einiges restauriert worden, aber insgesamt machte diese Stadt einen deutlich ärmeren Eindruck als die anderen polnischen Städte, die wir vorher besucht hatten. Dann begann die Suche nach einem geeigneten Stellplatz für die Nacht. Nach mehreren vergeblichen Versuchen im Umkreis von Bartoszyce fuhren nach Olsztyn (Allenstein), wo wir noch einmal auf dem „Agro Camp Olsztyn“ nächtigten.
Unser nächstes Ziel war die Frische Nehrung (polnisch: Mierzeja Wiślana). Wir fuhren über Ostróda (Osterode in Ostpreußen) und Elbląg (Elbling) nach Nw. Dwór Gdański (Tiegenhof) und von dort über Stegna (Steegen) und Szututowo (Stutthoff) auf die Landzunge am Frischen Haff. Dort verlief die Straße weitgehend durch Waldgebiet, die Ostsee und das Haff waren zu unserem Bedauern auf der Fahrt so gut wie nicht zu sehen. Vor den Ortschaften wurde auf großen Plakaten darum gebeten, Wildschweine nicht zu füttern, da es Wald ausreichend Nahrung für sie gebe. In Krynica Morska (Kahlberg) kreuzten dann auch einige von ihnen unseren Weg.
Eigentlich wollten wir auch auf der Nehrung bis zur polnisch-russischen Grenze fahren, aber das war nicht möglich, den irgendwo endetet die Straße plötzlich vor dem verschlossenen Tor eines Privatgrundstücks.
Wir kehrten um und fuhren zurück bis zum Strandübergang 5, wo wir das Wohnmobil auf einem Parkplatz neben einem kleinen Friedhof abstellen konnten und machten einen Spaziergang durch den Wald zur Ostsee. Am Wegesrand sahen wir immer wieder Pilze, die wir eindeutig als Schopftintlinge identifizieren konnten. In uns reifte eine Idee, wie unser Abendessen an diesem Tag aussehen könnte…
Wir genossen den Spaziergang am fast menschenleeren Ostseestrand. Der Wind blies zwar ziemlich heftig, aber ansonsten meinte das Wetter es sehr gut mit uns. Irgendwann wurde es dann Zeit, uns auf die Suche nach einem Stellplatz für die Nacht zu machen. Auf dem Rückweg durch den Wald sammelte Wolfgang dann unser Abendessen ein.
Die Campingplätze auf der Frischen Nehrung waren zu dieser Jahreszeit bereits geschlossen. Wir blieben auf einem großen Parkplatz an der Uferpromenade von Krynica Morska. In der Hauptsaison ist dieser Platz kostenpflichtig, aber Mitte Oktober war das Kassenhäuschen nicht mehr besetzt.
In der Nacht hatte es stark geregnet und den Parkplatz in eine Schlammwüste verwandelt. Am Morgen war es noch stark bewölkt, aber einmal kam auch die Sonne durch und erfreute uns mit 2 schönen Regenbogen. Wir verzichteten auf dem ursprünglich geplanten Morgenspaziergang und machten uns auf Richtung Gdansk (Danzig).
Irgendwo zwischen Krynica Morska und Szututowo machten wir einen Fotostopp an einer Großbaustelle. Dort wurde an einem Kanal zwischen Ostsee und dem Frischen Haff gearbeitet, denn die einzige natürliche Verbindung zwischen den beiden Gewässern liegt in russischem Hoheitsgebiet bei Baltijsk (Pillau).
Auch am Hafen von Katy Rybackie (Bodenwinkel) hielten wir kurz an. Mittlerweile regnete es wieder heftig. Wir bedauerten die Fischer, die dort bei diesem Wetter arbeiten mussten.
Wir fuhren weiter auf der Küstenstraße 501 über Sztutowo und Stegna bis Mikoszewo (Nickelswalde). Dort war die Reisesaison bereits eindeutig beendet, die meisten Geschäfte waren geschlossen, die Straße menschenleer. In Mikoszewo wollten wir mit der Fähre die Weichsel überqueren, aber auch der Fährbetrieb dort war ebenfalls bereits eingestellt.
Ein Gedenkstein erinnert dort an die tragische Seeevakuierung der Häftlinge des Konzentrationslagers Stutthof, die auf Veranlassung von Heinrich Himmler vom 25. bis 28. April 1945 von dort stattfand. Etwa 50 % der 4630 Häftlinge kamen dabei ums Leben, weitere 10% starben kurz nach ihrer Freilassung.
Wir machten kehrt und fuhren über Stegna und Nw. Dwór Gdański zur Autobahn E77 und darauf dann weiter bis Gdansk. Dort stellten unser Wohnmobil wir auf dem Parkplatz der Musikakademie ab und gingen zu Fuß zu Zentrum. Wir überquerten die neue und alte Mottlau (Nowa /Stara Motława) und erreichten durch das Grüne Tor (Zielona Brama) die Altstadt. Zu unserer Freude hatten sich die dicken Wolken weitgehend verzogen und die Sonne lachte wieder vom Himmel. Wir besorgten uns bei der Touristeninformation im Hohen Tor (Brama Wyżynna) einen Stadtplan und streiften durch die Gassen. Uns gefiel es in der Altstadt von Gdansk sehr gut. Die meisten alten Fassaden waren schön restauriert und fügten sich unser Meinung nach mit den modernen Gebäuden zu einem harmonischen Bild zusammen.
Wir besichtigten die Marienkirche und waren von der Größe und Höhe des Innenraums beeindruckt. Vom Turm der Kirche hätten wir bestimmt einen schönen Ausblick auf Gdansk gehabt, aber die 402 Stufen wollten wir dann doch nicht hochklettern.
In der Zwischenzeit waren wieder Wolken aufgezogen, aber wir ließen uns nicht abschrecken und spazierten weiter durch die Gassen und erreichten eine kleine Imbissbude, deren Werbung für frische belgische Fritten uns anlockte. Wir bestellten beide eine Portion. Just als wir unsere Frittentüten in Händen hielten und den Laden verlassen hatten begann es zu regnen. Wir suchten schnell eine Möglichkeit uns unterzustellen. Wir hatten zwar Schirme dabei, aber einen Schirm zu halten und gleichzeitig Fritten aus einer Tüte zu essen, schien uns dann doch etwas gewagt. Die Fritten schmeckten sehr gut und der Regen hielt glücklicherweise nicht lange an. Wir spazierten noch eine Weile an der Neuen Mottlau entlang und machten uns dann auf dem Rückweg zum Wohnmobil.
Auf dem Parkplatz an der Musikakademie hätten wir auch übernachten können, aber wir fürchteten, dass es dort nachts doch sehr laut werden könnte und zogen es vor, zum Camping Nr. 114 Gdansk – Camper Park & Camping in Stogi am Stadtrand von Gdansk zu fahren. Dort war nicht viel los und wir hatten eine ruhige Nacht.
Am nächsten Vormittag fuhren wir weiter zur Halbinsel Hel (Halbinsel Hela oder Putziger Nehrung), einer etwa 36 km langen Landzunge ca. 20 km nördlich von Danzig. Auf einer gut ausgebauten Straße fuhren wir bis nach Hel (Hela), dem mit ca. 3900 Einwohnern größten Ort der Insel. Wir suchten uns einen Parkplatz und machten einen Spaziergang zum Ostseestrand. Der Weg führte zunächst durch ein Waldgebiet, in dem man diverse alte Bunkeranlagen besichtigen konnte – nichts für uns, davon hatten wir an der Wolfsschanze bereits genug gesehen. Der Strand dort begeisterte uns nicht ganz so wie der auf der Frischen Nehrung, aber vielleicht lag es einfach daran, dass die Sonne nicht schien. Wir gingen weiter durch den Fischereihafen bis zum Fischerei Museum, das in einer alten gotischen Kirche untergebracht war. Von dort hatte man einen guten Blick auf die Danziger Bucht. Wir bekamen Appetit auf Fischbrötchen und machten uns auf die Suche nach einem Fischgeschäft oder einer Fischbude. Leider Fehlanzeige – weit und breit kein Fischbrötchen zu bekommen. Auch hier waren die meisten Geschäfte bereits geschlossen. Wir gingen zurück zum Parkplatz und machten uns auf die Suche nach einem Standplatz für die Nacht. Da auch die Campingplätze auf der Halbinsel bereits geschlossen waren, entschlossen wir uns über Nacht auf einem Parkplatz neben der Straße zu bleiben, auf dem bereits ein polnisches Fahrzeug mit einem Campinganhänger stand. Im Laufe des Abends gesellten sich noch ein weiteres Wohnmobil und ein Caravan dazu.
Am Morgen spazierten wir auch dort noch einmal zu Ostseestrand, dann ging unsere Reise weiter.
Da der Wetterbericht für die nächste Zeit im Norden Polens nichts Gutes erwarten ließ, änderten wir unsere Reisepläne. Statt weiter an der Ostsee entlang bis Szczenin (Stettin) zur fahren, machten wir uns Richtung Süden auf, wo das Wetter deutlich freundlicher sein sollte.
Wir fuhren über Władyslawowo (Großendorf) bis Jastrzębia Góra (Habichtsberg) und von dort weiter über Wejherowo (Neustadt in Westpreußen), Kościerzyna (Berent), Chojnice (Konitz) nach Czluchów (Schlochau). Diese Fahrt fanden wir ziemlich langweilig, aber vielleicht waren wir auch nur von dem andauernden Nieselwetter genervt.
In Czluchów wollten wir auf dem Camping Czluchów am Rychnowskie See übernachten. Auch dort mussten wir feststellen, dass der Campingplatz eigentlich schon geschlossen war. Da die Einfahrt aufstand, fuhren wir trotzdem drauf und hatten auch dort eine ungestörte Nacht.
Von Czluchów ging es auf direktem Weg über Piła (Schneidemühl) nach Poznań. Dort blieben wir noch einmal 3 Nächte auf dem Camping Hotel Malta. Wir mussten dringend mal unsere Wäsche waschen und wollten es auch einfach mal etwas ruhiger angehen lassen.
Wir machten noch einmal einen Spaziergang am Malta-See entlang. Es war Wochenende und wahrscheinlich dadurch deutlich voller dort als bei unserem ersten Besuch in Poznań.
Diesmal waren auch der Skihang und die Sommerrodelbahn geöffnet und auch an dem Kran ließen sich immer wieder mutige Hochziehen, um von dort einen Bungee-Sprung zu wagen.