FALKLANDINSELN, SÜDGEORGIEN, ANTARKTISCHE HALBINSEL & SÜDLICHE SHETLAND INSELN
Expeditionskreuzfahrt auf der Ushuaia
09.01. bis 28.01.2020
Am 9. Januar war es soweit: Unsere Expeditionskreuzfahrt zu den Falklandinseln, nach Süd-Georgien und zur Antarktis sollte beginnen.
Am Vormittag packten wir unsere Taschen. Für 20 Tage ohne Waschmöglichkeit kam einiges zusammen, so dass wir die Tatonka-Taschen nur mit Mühe schließen konnten. Die Fotoausrüstung verteilten wir auf 2 große Rucksäcke.
Nelly fuhr pünktlich um 14:40 Uhr mit ihrem Ford Truck vor, wir luden alles ein und waren 3 Minuten später unten am Hafen. Nelly half uns noch beim Ausladen und bestand darauf, uns am Ende unserer Reise dort wieder abzuholen.
Mit unseren Tickets konnten wir die Passkontrolle passieren, ohne dass jemand unseren Pass sehen wollte. Dann mussten wir ein ganzes Stück mit unseren schweren Taschen und Rucksäcken durch das Hafengelände zur nächsten Passagierkontrolle laufen. Gepäckwagen oder ähnliches gab es nicht.
Dort wurden zunächst noch Passagieren von anderen Kreuzfahrtschiffen abgefertigt. Wir fanden zum Glück noch 2 Sitzplätze, auf denen wir uns erstmal von der Schlepperei erholen konnten.
Kurz vor 16 Uhr ging es weiter. Das Gepäck und die Fotorucksäcke wurden durchleuchtet, die Handtaschen nicht. Beim Durchgang durch die Schleuse piepte es, das interessierte niemanden.
Dann ging es weiter über den Kai bis zur Ushuaia, die dort mit der Steuerbordseite zwischen zwei größeren Kreuzfahrtschiffen festgemacht hatte. Wir mussten mehrfach Pause machen, die Taschen waren einfach zu schwer.
An der Ushuaia hatte sich eine Schlange gebildet, in die wir uns einreihten. Nach dem wir unsere Tickets vorgezeigt hatten, wurden unsere Taschen mit der Kabinennummer beschriftet und in die Kabine gebracht, Gott sei Dank. Wir hatten Kabine 423. An Bord checkten wir ein und wurden zu unserer Kabine geführt, einem kleinen Raum etwas oberhalb der Wasserlinie mit zwei separaten Betten, einem Kleiderschrank, einer großen Nachtkonsole und einem kleinen Ecktisch ohne Stuhl. Das Fenster, ein Bullauge, ließ sich nicht öffnen, vermutlich, weil wir so nah an der Wasserlinie wohnten. Das separate Bad mit Waschbecken, WC und einer geräumigen Dusche, war offensichtlich vor nicht allzu langer Zeit neu hergerichtet worden.
Im Schlafraum lagen 2 Schwimmwesten für uns bereit, bestehend aus ca. 10 cm dickem Schaummaterial mit einer orangefarbenen Hülle und einem Ausschnitt für den Hals in der Mitte. Bequem sahen sie nicht aus, und wir hofften inständig, sie niemals benutzen zu müssen.
Um 17:30 Uhr wurden wir zu einem Begrüßungsdrink in den Salon geladen. Dort erfuhren wir, dass wir wegen des starken Windes nicht wie geplant um 18 Uhr, sondern erst um 19 Uhr auslaufen würden. Um Kollisionen auf dem Beagle-Kanal zu verhindern, sollten die zwei größeren Kreuzfahrtschiffe, die noch im Hafen lagen, bei diesem Wetter vor uns rausfahren.
Dagmar informierte sofort Katrin und Hans per WhatsApp darüber, denn die wollten um 18 Uhr am Hafen sein, um uns beim Auslaufen zuzuwinken.
Das für 19 Uhr geplante Abendessen wurde auch nach hinten verlegt. Die dazwischenliegende Zeit wurde genutzt, um uns das „Expeditionsteam“ vorzustellen. Anschließend gab es noch die nach IMO notwendige Sicherheitseinweisung.
Da bis zum Abendessen noch Zeit war, gingen wir an Deck, um den Ausblick zu genießen. Wir kannten den Hafen bisher ja nur von der Landseite her. Gegen 19:30 Uhr legte die Ushuaia dann ab.
Plötzlich klingelte die Alarmglocke, das hieß auf in die Kabine, die Schwimmweste holen und zur Muster Station. Auf diesem Schiff war es der Salon. Dort wurde anhand der Passagierliste überprüft, ob alle anwesend waren. Die Passagiere aus Kabinen mit ungerader Nummer sollten sich auf der Steuerbordseite einfinden, die mit gerader Nummer auf der Backbordseite. Das war uns bei der Sicherheitseinweisung nicht so deutlich gesagt worden, daher ging es noch ein bisschen hin und her, bevor sich alle auf der „richtigen“ Schiffsseite befanden. Dann marschierten wir in einer Art Polonäse an Deck zu dem jeweiligen Rettungsboot. Dort wurde uns erklärt, wie man in die Boote einsteigen muss. Von innen sahen wir sie nicht.
In der Messe gab es keine feste Tischordnung, wir konnten uns einen Platz aussuchen. Das Abendessen war verglichen mit dem auf der Grande Amburgo wirklich gut und schmackhaft. Beim Essen verteilte die Schiffsärztin Tabletten gegen Seekrankheit, denn bereits in der Nacht sollten wir das offene Meer erreichen. Wir verzichteten darauf, denn Wolfgang ist bisher auch bei stärkstem Seegang noch nie seekrank geworden, und Dagmar hatte sich bereits vor dem Auslaufen ein Scopoderm TTS-Pflaster hinters Ohr geklebt.
In der Kabine bemerkten wir, dass Katrin und Hans uns per WhatsApp mitgeteilt hatten, dass sie „durchfroren, halb verhungert und fast verdurstet das Warten aufgeben und uns unserem Schicksal überlassen mussten und ins Ramos gegangen sind.“ Leider konnten wir darauf nicht mehr antworten, denn wir hatten zu diesem Zeitpunkt schon keinen Handyempfang mehr. Deshalb an dieser Stelle herzlichen Dank, dass ihr solange durchgehalten habt, aber auch dafür, dass ihr rechtzeitig aufgeben habt, denn so bleibt uns wenigstens die Hoffnung, euch irgendwann nochmal in alter Frische wiederzusehen.
Dann machten wir uns daran, unsere Taschen auszuräumen. Der Kleiderschrank war wie immer zu klein, die Fotorucksäcke mussten auf dem Boden bleiben. Im Bad gab es keinerlei Möglichkeit, die Handtücher und Duschtücher aufzuhängen. Wolfgang hatte, vorrausschauend wie er ist, eine Wäscheleine und einige Saughaken mitgebracht und machte sich daran uns einen Ersatz zu basteln.
Die wenig luxuriöse Ausstattung unserer Kabine störte uns wenig, die Tatsache, dass die Kabine nahe beim Maschinenraum lag, und es daher Rund um die Uhr sehr laut war, machte uns genau wie unseren Nachbarn allerdings ziemlich zu schaffen. In der ersten Nacht schliefen wir dementsprechend schlecht.
Am nächsten Morgen hatten wir wie erwartet den Beagle-Kanal bereits verlassen und befanden uns auf offener See in Richtung Falklandinseln.
An Seetagen wurde das Frühstück auf der Ushuaia von 8:00 – 9:00 Uhr angeboten. Eine halbe Stunde vorher erfolgte ein Weckruf. Das Frühstück gab es als Buffet, bestehend aus Rührei, gebratenem Speck, geschmortem Gemüse, zwei Brotsorten, Schinken, Käse, Frischkäse, Butter, Honig, Marmelade, Cerealien, Joghurt, verschieden Säften und frischen Obstsorten. Kaffee und Tee wurde an den Tisch gebracht.
Um 9:30 Uhr wurden wir zum ersten obligatorischen Vortag in den Salon gebeten. Uns wurde erklärt, wie wir in die Zodiaks einsteigen sollten und was beim Vonbordgehen und wieder Anbordkommen zu beachten war. Zu unserer großen Erleichterung erhielten wir nun alle eine eigene halbautomatische Schwimmweste, das hieß, wir mussten nicht mit den klobigen Schwimmwesten aus der Kabine ins Zodiak und an Land. Jede Weste war mit einer Nummer versehen, die für die gesamte Kreuzfahrt galt. So war es für die Crew einfacher, die Passagiere zu erfassen, die von Bord gingen und dann zu registrieren, dass sie wieder an Bord waren.
Bei den Anlandungen vom Zodiak handelte es sich um „nasse Landungen“, was bedeutet, dass vom Schlauchboot aus in bis zu 20 cm tiefes Wasser ausgestiegen werden musste. Deshalb sind Gummistiefel obligatorisch. Die bekamen wir während des Mittagessens in den gewünschten Größen in die Kabine gelegt. Nach dem Essen sollten wir sie dann anprobieren und gegebenenfalls umtauschen.
Das Mittagessen wurde auf der Ushuaia in der Regel von 12:00 – 13:00 Uhr als dreigängiges Menü bestehend aus Vorsuppe, Hauptgang und Nachtisch serviert.
Um 14:30 Uhr gab es einen zweiten Vortrag zu Thema „Pinguine“. Um 16:30 Uhr stand für die, die schon wieder Hunger hatten, an der Bar im Salon ein Nachmittagssnack bereit.
Um 18:30 Uhr wurden dann wieder alle aufgefordert, zu einem Briefing in den Salon zu kommen. Wie erfuhren, was bei unserer ersten Anlandung auf Westpoint Island zu beachten war, und was es dort zu sehen gab: An der Kliffseite brütete eine Kolonie von Schwarzbrauenalbatrossen (Diomedea melanophrys), dazwischen hatten sich Felsenpinguine (Eudyptes chrysocome) angesiedelt, die derzeit ihre Jungen großzogen.
Um 19 Uhr gab es dann Abendessen, und um 20:30 Uhr wurde im Salon ein Film über Eis, Eishöhlen, Eiswasser und Eisberge gezeigt. Danach gingen wir zu Bett, aber wegen der Motorgeräusche schliefen wir nicht besser als die Nacht zuvor.
Da am nächsten Vormittag ein Landgang anstand, wurde das Frühstück bereits um 7:00 Uhr angeboten. Um 8:30 Uhr sollten wir uns voll ausgerüstet auf dem Zodiak-Deck einfinden. Wir hatten 2 große schwarze Plastiksäcke dabei, um unsere Fotorucksäcke vor Spritzwasser zu schützen. Das war aber gar nicht notwendig, denn die See war glatt, und es regnete nicht mehr. Als wir mit dem Schlauchboot in der Bucht ankamen, waren im Wasser und am Ufer schon Magellan Pinguine (Spheniscus magellanicus) zu sehen. Dann ging es zu Fuß weiter zur Albatross-Kolonie. Wir hatten uns auf Empfehlung der Guides recht warm angezogen, was sich bei der Wanderung als deutlich zu warm herausstellte. Ohne ein zweites Paar Socken und ohne Skiunterwäsche wäre der ca. halbstündige Fußmarsch über den Hügel wahrschlich erheblich angenehmer gewesen. Wir kamen ziemlich fertig an dem Spot an.
Die Schwarzbrauenalbatrosse und Felsenpinguine zogen hier zwischen Büscheln von Tussockgras ihre Jungen groß. Man kam relativ nah an die Tiere heran. Die besten Plätze in der ersten Reihe waren leider schon besetzt, denn die letzten Zodiak-Gruppen waren mit einem Landrover den Berg hinaufgefahren worden und so schon vor uns da. Für Dagmar war dieses Gebiet auf Grund ihrer Größe zum Fotografieren leider völlig ungeeignet. Das Tussockgras war hier so hoch und dicht, dass sie immer einige Grashalme vor der Linse hatte. Die Ausbeute an guten Fotos war deshalb entsprechend mager.
Die Tiere einfach nur zu beobachten, war schon beeindruckend. Wahrscheinlich wäre es noch schöner gewesen, wenn wir sie in kleineren Gruppen besucht hätten.
Irgendwann fing es an zu nieseln, und dann war auch schon Rückreise angesagt. Wir nahmen diesmal den Landrover-Service zum Zodiak in Anspruch. Auf der Ushuaia wurden nach dem Aussteigen zunächst die Stiefel und der untere Teil der Hosen mit einem Hochdruck-Waschgerät von grobem Dreck befreit. Danach ging es, wie vor dem Landausflug, durch Reinigungsbecken mit Bürsten zur „Desinfektion“ der Stiefel.
Während des Mittagessens wurde die Ushuaia nach Carcass Island verlegt. Carcass Island ist eine ca. 10 km lange Insel, die der großen West-Falklandinsel im Nordwesten vorgelagert ist. Sie ist seit 1974 im Besitz der Familie McGill, die seit Anfang der 80er dort wohnt und Schafszucht betreibt. Unser erstes Ziel war ein Strand, an dem sich Magellan-Pinguine und Eselspinguine (Pygoscelis papua) tummelten.
Nach dem Anlanden konnten wir nach einem recht kurzen Fußmarsch die Pinguinkolonie in der Ferne sehen. Einige Magellan-Pinguine hatten ihre Höhlen auch rechts und links des Weges. Aus einigen Höhlen schauten Jungtiere heraus. Auf einer Art Ackerfläche war eine Gruppe von Magellangänsen (Spheniscus Magellanicus) zu sehen.
Der Strand konnte es mit jedem in der Karibik aufnehmen, sehr feiner, weißer Sand und im Wasser viele Pinguine. Einige sprangen herum wie Delfine. Auch am Strand watschelten etliche Pinguine auf und ab. Es war einfach schön, dem Treiben zuzusehen. Besonders begeistert haben uns die Eselspinguine. Sie werden ca. 70 – 80 cm groß und wiegen um die 6 kg. Ihre Körperunterseite ist weiß, Rücken, Kopf und Kehle sind schwarz. Charakteristisch sind 2 weiße Flecken über den Augen, die über dem Kopf miteinander verbunden sind. Der Schnabel ist orangerot und schwarz. Die Füße leuchten in einem auffälligen Orange. Ihren deutschen Namen haben sie aufgrund ihrer Rufe erhalten, die sich wie Eselsgeschrei anhören.
Irgendwann ging es dann zurück zu den Zodiaks und weiter zum Farmhaus der Eigentümer der Insel auf der anderen Seite der Bucht. Auf dem Weg dorthin sahen wir einen schwarz-weißen Commerson-Delfin (Cephalorhynchus commersonii), der unser Boot einige Male umkreiste und dann plötzlich wieder verschwand.
Bevor wir das Farmhaus betreten durften, mussten wir die Gummistiefel ausziehen. Drinnen erwartete uns ein riesiger Tisch mit Unmengen von unterschiedlichstem Gebäck, das wir bei Kaffee oder Tee nach Herzenslust probieren durften. Nachdem wir noch einige Zeit im schönen Garten des Farmhauses die Sonne genossen hatten, zogen wir uns die Stiefel wieder an und gingen zum Strand, an dem die Zodiaks lagen. Ein Falkland-Karacara (Phalcoboenus australis) machte sich dort gerade über eine Gans her, die tot auf dem Kies lag.
Wir fuhren dann mit dem ersten Zodiak zurück zur Ushuaia. Der Wind hatte mittlerweile aufgefrischt und der Bootsführer fuhr mit hoher Geschwindigkeit durch die Wellen. Obwohl wir uns gut festhielten, flogen wir hin und her. Diese Rückfahrt hätte man mit einem angemesseneren Fahrstil unserer Meinung nach für die Passagiere deutlich angenehmer gestalten können.
Nach der Rückkehr an Bord gab es diesmal keine Stiefelreinigung mit dem Hochdruckwaschgerät, sondern nur die Bassins mit der Lösung und den Bürsten.
Kurze Zeit später versammelten wir uns zum Briefing für den nächsten Tag im Salon. Dann war es auch schon wieder Zeit zum Abendessen.
Nach dem Abendessen machten wir noch einen Rundgang an Deck. Der Himmel war sehr schön gefärbt, in der Ferne konnte man Wale blasen sehen – ein schöner Abschluss für diesen Tag.
Über Nacht fuhren wir weiter in Richtung Stanley, der Hauptstadt der Falklandinseln und von Südgeorgien. Gegen 6:30 Uhr passierten wir die Meerenge vor dem Hafen in Begleitung eines Lotsen. Wir waren rechtzeitig an Deck, um uns das Schauspiel anzusehen.
In Stanley gab es zwei Möglichkeiten, den Tag zu gestalten: Man konnte entweder das Naturreservat „Gipsy Cove“ besuchen oder den Tag in der Stadt verbringen. Wir entschieden uns für den Stadtbummel und machten uns nach dem Frühstück zu Fuß auf den Weg, diesmal in Wanderschuhen, denn hier hatten wir zur Abwechslung mal eine „trockene“ Anlandung an der Pier. Wir kamen zunächst an einem Friedhof mit Kriegsgräbern vorbei und erreichten dann die gepflegte, sehr englische Siedlung. Alles war sauber, die Vorgärten sehr gepflegt mit vielen bunten Pflanzen. Auch die öffentlichen Wiesen waren ordentlich gemäht. Die Temperatur war angenehm und der Wind wehte nur schwach, gelegentlich nieselte es etwas.
Wir bummelten durch die Gassen und einige Geschäfte, die hier am Sonntag geöffnet waren.
Dann verbrachten wir einige Zeit im Historic Dockyard Museum. Hier wurde die Geschichte der Falklandinseln dargestellt. Sehr interessant war ein Film, in dem Augenzeugen vom Falklandkrieg 1982 berichteten.
Zu Mittag kehrten wir im Restaurant „Waterfront“ ein und ließen uns Fish and Chips schmecken. Dann ging es zu Fuß zurück zum Schiff. Um 16:30 Uhr gab es den üblichen Nachmittagssnack und zum Abendessen, wie sollte es auch anders sein, Fish and Chips, was hier allerdings mit Salzkartoffeln und Salat serviert wurde.
Schon vor dem Abendessen hatte die Ushuaia wieder abgelegt, und wir befanden uns nun auf einer zweitägigen Seereise nach Südgeorgien. Nördlich der Falklandinseln lag ein Tiefdruckgebiet, aber wir befanden uns nach Auskunft des Kapitäns in dem günstigsten Sektor, der eine relativ ruhige Überfahrt versprach.
Am nächsten Vormittag sollten wir uns um 9:30 Uhr zum obligatorischen IAATO-Briefing im Salon einfinden. Uns wurde erklärt, wie man sich in Südgeorgien und in der Antarktis zu verhalten hat.
Um 15 Uhr hielt ein englischer Mitreisender einen Gastvortrag zum Thema „Falkland Conflicts and Nature“ mit Bildern von seinen früheren Reisen in diese Region. Na ja. Deutlich besser gefiel uns der Vortrag nach dem Nachmittagssnack von Luciana, einer der Biologinnen an Bord, über Meeressäuger.
Nach dem Abendessen gingen wir recht früh zu Bett, in der Hoffnung bei der relativ ruhigen See endlich mal besser schlafen zu können.
Am folgenden Tag stand das Self Audit „Biosecurity Check“ auf dem Programm. Die Passagiere wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Die aus den Backbordkabinen mussten zwischen 9:30 und 11:00 Uhr mit Hosen, Jacken, Schals, Mützen, Handschuhen, Rucksäcken und Fototaschen, die sie in Südgeorgien mit an Land nehmen wollten, im Salon erscheinen. Die Sachen wurden von den Guides kontrolliert und mussten ggf. mit einem Staubsauger von Saat, Gräsern und sonstigen Verschmutzungen befreit werden. Die Passagiere aus den Steuerbordkabinen waren am Nachmittag von 15:00 bis 16:30 Uhr an der Reihe.
Wir nutzten den freien Vormittag, um mal wieder an unserem Reisebericht zu arbeiten.
Am 15. Januar erreichten wir Südgeorgien.
Unser erster Anlaufpunkt war Elsehul, eine kleine Bucht im Nordwesten des Landes, die von den großen Schiffen nicht angefahren werden kann. In den Klippen nisten Schwarzbrauen- und Graukopfalbatrosse. Des Weiteren leben dort Goldschopfpinguine (Eudyptes chrysolopus), auch Makaronipinguine genannt, Seelöwen und Seeelefanten. Da sich nur maximal 50 Personen in Strandnähe aufhalten dürfen, wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt. Wir gehörten zu Gruppe A, die mit den ersten Booten rausfahren sollten. Geplant war nur eine „Zodiak Cruise“ ohne Anlanden, da sich am Strand sehr viele Tiere aufhielten, was ein Aussteigen unmöglich machte. Wir waren schon im Boot in Richtung Strand unterwegs, als uns über Funk die Mitteilung erreichte, dass wir das Unternehmen abbrechen mussten, da wegen starker Dünung eine sichere Rückkehr zur Ushuaia nicht gewährleistet werden konnte.
Als Ersatz für die Bootstour wurden zwei Vorträge angeboten: einer über tektonische Plattenverschiebungen und der zweite über die unterschiedlichen Formen von Eis.
Am Nachmittag sollte ursprünglich die Right Whale Bay angelaufen werden, aber auch dort war ein Anlanden wegen des starken Nordwindes nicht möglich. Wir fuhren stattdessen zur Fortuna Bay, die vor nördlichen Winden besser geschützt ist.
Als wir am Strand ankamen, regnete es heftig. Wir versuchten, unsere Kameras mit Plastiktüten zu schützen und hofften, dass sie nicht zu Schaden kamen.
Hier lebten sehr viele Königspinguine, an die wir sehr nah herankamen. Durch den Regen waren sie sehr sauber und schön anzusehen. Auch eine große Anzahl von Seelöwen hielt sich hier auf. Die Jungtiere waren sehr neugierig und kamen nah an uns heran. Durch den Regen sahen sie ziemlich zerzaust aus.
Der Kiesstrand war zunächst nur ca. 30 m breit und wurde auf der Landseite durch einen steilen, überwiegend mit Tussockgras bewachsenen Hügel begrenzt. Auch auf dem Hügel lagen überall Seelöwen, sogar ganz oben an der höchsten Stelle. Wir mussten uns den Weg am Strand entlang zunächst mit den Tieren teilen. Dann öffnete sich die Bucht und es wurde breiter, so dass wir den Tieren besser ausweichen konnten. Manche Seelöwen ignorierten uns, andere mochten unseren Besuch gar nicht, und die Guides mussten die Tiere etwas zurückdrängen.
Zwischendurch flogen immer wieder Skuas über unsere Köpfe hinweg und landeten dort, wo sie tote Pinguine oder Seelöwen ausweiden konnten.
An einer Lagune, die den Strand unterbrach, gab es eine Besonderheit zu sehen: Hier tobte ein kleiner blonder Seelöwe mit seinen „dunkelhaarigen“ Artgenossen herum. Nach Auskunft der Expeditionsleiterin sollen Seelöwen mit hellblondem Fell sehr selten anzutreffen sein.
Der Einstieg ins Zodiak war diesmal nicht besonders spaßig. Wir hatten vorsorglich die Fotorucksäcke in große Müllbeutel eingepackt, und das war gut so. Unsere wasserdichte Regenbekleidung hatte versagt, wir waren am gesamten Oberkörper nass. An Bord angekommen musste alles getrocknet werden. Einen geheizten Trockenraum gab es leider nicht. Deshalb ging nach dem Abendessen die große Fönerei los. Jeder wollte ja am nächsten Tag wieder trockene Kleidung anziehen.
Am nächsten Morgen ging es ab 8:30 Uhr mit den Zodiaks zur Salisbury Plain, die oft auch „Serengeti des Südens“ genannt wird. Die Anlandung verlief problemlos.
Hier gab es noch viel mehr Tiere zu sehen als am Vortag in der Right Whale Bay, neben Seelöwen und Seeelefanten Königspinguine soweit das Auge reichte. Nach Auskunft der Guides sollten es um die 200.000 sein. Wir durften uns ihnen recht weit annähern. Besonders gefielen uns die braunröckigen Jungtiere. Als dann noch die Sonne rauskam und die tolle Landschaft mit Gletschern, türkisfarbenem Meer und tollen Wolkenformation ins rechte Licht gerückt wurde, war das genug Entschädigung für den feuchten Ausflug am Vortag.
Nur die Rückfahrt mit dem Zodiak war nicht mehr so schön. Der Wind hatte zugenommen, und die Wellen brachen sich am Strand. Das machte das Einsteigen ins Zodiak schwierig. Im Boot selbst stand das Wasser ca. 15 cm hoch, während der Fahrt war die Batterie im hinteren Teil des Bootes komplett mit Wasser bedeckt. Wir sind trotzdem ohne Schaden an Bord gekommen.
Am Nachmittag besuchten wir Prion Island. Am Strand lagen sehr viele Pelzrobben (Arctocephalus australis), einige Seeelefanten sowie Königspinguine und Eselspinguine. Unser eigentliches Ziel hier waren aber die Wanderalbatrosse, die auf dem Gipfel des Hügels in einer feuchten, mit Moos bedeckten Senke zwischen Tussockgras nisteten. Dorthin gelangte man über eine hölzerne Steganlage, die den Hügel hinaufgebaut worden war, um zu verhindern, dass sich die Besucher den dort lebenden Pinguinen und Robben zu sehr näherten. Einige Robben nahmen sich aber nichts von dieser gut gemeinten Trennung an und betrachteten den Holzsteg ebenfalls als ihr Territorium.
Als wir die Aussichtsplattform oben auf dem Hügel erreichten, kreisten die Wanderalbertrosse um uns herum und dicht über unsere Köpfe hinweg. Eines der Nester war nicht von Tussockgras verdeckt. Als sich dort der brütende Albatross erhob, konnten wir ein Ei sehen.
Auf dem Weg zurück zum Strand beobachteten wir, wie ein Sturmvogel sich über eine verendete Robbe hermachte.
Am nächsten Morgen erreichten wir Grytviken, die administrative „Hauptstadt“ von Südgeorgien. Während die Mannschaft die Einreiseformalitäten erledigte, hörten wir einen Vortrag über die Arbeiten des South Georgian Heritage Trust zur Beseitigung von Ratten von der Insel, um das Aussterben des Falklandpiepers (Anthus correndera), hier Pipit genannt, und anderer kleiner Vögel zu verhindern.
Als die Formalitäten erledigt waren und die Sicherheitsinspektion ergeben hatte, dass wir keine Ratten an Bord hatten, wurden wir an Land gebracht. Wir besuchten das Museum, die Post mit Souvenirladen und nahmen an einer Technikführung durch die Überreste der Walfangstation teil.
Vorbei an Seelöwen und Königspinguinen ging es zum Friedhof, wo wir, wie es sich wohl für Besucher von Grytviken gehört, das Grab von Sir Earnest Shackleton besuchten. Es wurden Gläser mit Whisky verteilt. Ein schottischer Mitreisender hielt eine Rede. Man trank einen Schluck und schüttete den Rest dem Toten zu Ehren auf das Grab.
Dann mussten wir zurück aufs Schiff, denn der Nachmittag in Grytviken war für die Passagiere der MS Bremen reserviert.
Wir fuhren weiter nach Godthul, einer Bucht 9 km östlich der Cumberland Bay. Auch hier wurde in der Zeit von 1908 -1965 Walfang betrieben. Zu Hochzeiten des Walfangs in den Jahren 1918 – 1919 wurden hier 6 Fabriken betrieben. Da die Anzahl der Wale in dieser Gegend in dieser Zeit bereits zurückging, ergriff die Regierung verschieden Maßnahmen, um die Tiere zu schützen. Diese wurden jedoch umgangen, indem Fabrikschiffe entwickelt wurden, in denen die Wale auf See verarbeitet werden konnten. Heute erinnern nur noch Kessel am Strand an diese Zeit, denn seit 1965 ist der Walfang in Südgeorgien vollständig verboten.
Da eine Anlandung wegen zu vieler Tiere am Strand nicht möglich war, kreisten wir in den Zodiaks durch die Bucht. Am Strand waren Königspinguine und einige Eselspinguine, Pelzrobben und Seelöwen. Auf den Klippen saßen Antarktische Kormorane, auch Blauaugenscharben genannt (Phalacrocorax atriceps). Wir sahen einen Falklandpieper, Skuas, Seeschwalben und verschiedene Möwen. Nicht alle ließen sich von uns fotografieren.
Auf einem Plateau ca. 30 – 40 m über dem Meeresspiegel nisteten Eselspinguine. Wir erfuhren, dass sich die Tiere diesen Standort auswählen, weil der Schnee dort früher schmilzt und die Sonne das Gebiet früher erwärmt. Außerdem sind die Nester dort besser vor Seewasser und den Seelöwen geschützt. Dafür nehmen die Pinguine wohl gern den weiten Fußmarsch zur Nahrungssuche im Meer in Kauf.
Als die Dünung immer stärker wurde, wurde die Zodiaktour leider vorzeitig abgebrochen. Die Fahrt auf der Ushuaia ging weiter, denn die Crew wollte einen ruhigeren Platz für die Nacht finden. Erst als wir Cape Harcourt umrundet hatten, wurde die See ruhiger. Wir übernachteten in Moltke Harbour in der Royal Bay. Geankert wurde nicht, das Schiff fuhr die ganze Nacht langsam Kreise.
Beim Briefing vor dem Abendessen erfuhren wir, dass wir am nächsten Tag zunächst wieder nach Norden zum Ocean Harbour fahren würden und danach Richtung Süden zum Drygalski Fjord. Für den Abend sei dort eine Zodiak-Fahrt nach Cooper Island geplant, wo die Makaronipinguine nisten. St. Andrews Bay, die Bucht mit der größten Königspinguinkolonie, würde wegen des widrigen Wetters nicht angefahren. Das löste keine Begeisterung aus.
Als wir am nächsten Morgen zum Frühstück gingen, war das Schiff schon eine Stunde unterwegs. Die See war immer noch sehr unruhig. Auf dem Weg nach Norden kamen wir an einigen kleineren Eisbergen vorbei, in der Ferne waren auch größere zu sehen
Auch in Ocean Harbour gab es Überreste einer Walfangstation, zerfallene Gebäude, rostige Überbleibsel von Dampfmaschinen und überall Walknochen. Diese Station muss noch vor der Zeit geschlossen worden sein, bevor das Öl aus den Knochen der Wale ebenfalls verwendet wurde.
Mit dem Zodiak passierten wir das Wrack der gestrandeten 3-Mast-Bark Bayard. Die Anlandung am Sandstrand war einfach. Uns erwartete eine große Anzahl von Pelzrobben mit Jungtieren, einige Seeelefanten, Skuas, Seeschwalben, Blauaugenscharben und auch der Falklandpieper war hier wieder heimisch. Für uns gab es viele interessante Fotomotive.
Während des Mittagessens ging es weiter in Richtung Drygalski Fjord, einem 14 km langen Fjord im Südosten von Südgeorgien, wo mehrere Gletscher zu bewundern sind. Zunächst war es noch sonnig, dann zogen Wolken auf und schließlich war es vollständig bedeckt. Gegen 16 Uhr reduzierte der Kapitän die Fahrt. Beim Blick aus dem Kabinenfenster sahen wir, dass wir bereits Cooper Island, eine Insel vor der Einfahrt zum Drygalski Fjord, erreicht hatten. Zwischen Cooper Island und der südgeorgischen Hauptinsel schwammen einige größere Eisberge, durch die uns der Steuermann sicher hindurch manövrierte.
Dann kam die MS Bremen in Sicht, die am Anfang des Fjordes ankerte. Deren Gäste fuhren im Zodiak in den ersten Nebenarm des Drygalski Fjordes, den Larsen Harbour. Als wir das Schiff und die Zodiaks passierten, winkten wir Katrin und Hans zu, aber wir wissen nicht, ob sie uns gesehen haben.
Wir fuhren in den zweiten Nebenarm zum Philippi Gletscher und dann weiter in den Drygalski-Fjord hinein bis zum Risting- und Jenkins-Gletscher. Um uns einen besonders guten Blick auf die Gletscher zu ermöglichen, hatte die Mannschaft den Bugbereich des Schiffes freigegeben, der sonst für Passagiere gesperrt war. Wir aßen noch im Schutze des Fjordes zu Abend, dann ging die Fahrt weiter, denn im Drygalski-Fjord darf nicht übernachtet werden.
Unser nächstes Ziel waren die südlichen Shetlandinseln. Es lagen 2 Seetage vor uns, die wir im Wesentlichen zum Bildersortieren und Schreiben nutzten.
Am 21. Januar erreichten wir früh morgens Point Wild an der Nordküste von Elephant Island. Hier strandete Shackletons Mannschaft, nachdem die Endurance in der Weddell See gesunken war. Zunächst war eine Zodiakrundfahrt geplant, die wurde jedoch kurzfristig wegen starken Seegangs abgesagt. Stattdessen ankerte die Ushuaia so in der Bucht, dass wir die Büste von Luis Pardo Villalón, dem chilenischen Kapitän der Yelcho, mit der die 22 Männer Shackletons nach vier monatigem Warten gerettet wurden, sehen konnten. Auch die Pinguine auf den Felsen und der Gletscher gut waren gut zu sehen. Den Anblick dieses Gletschers fanden wir, besonders als etwas Sonne durchkam, sehr beeindruckend.
Wir fuhren weiter zum Cape Valentine und dann nach Süden zum Cape Lookout. Fast überall reichte das Eis der Gletscher bis ans Wasser, zwischendurch immer wieder springende Pinguine, und auch ein Buckelwal kam bis kurz unter die Wasseroberfläche, leider nicht lang genug, um ihn fotografieren zu können. Der Wind wehte ziemlich stark, und gelegentlich schneite es. Selbst wenn die Sonne durchkam, war es kalt. Nachdem wir Cape Lookout erreicht hatten, wurde der Kurs auf King George Island mit der Jubany Airbase abgesetzt. Wir hatten einen Verunfallten an Bord, der dort abgeborgen werden sollte.
Um 20:15 Uhr wurde noch eine Anlandung auf Pinguine Island, einer kleinen Insel im Süden von King George Island, angeboten, wo man einen Vulkan besteigen und eine Kolonie von Zügelpinguinen (Pygoscelis antarcticus) besuchen konnte. Gerade an diesem Abend gab es Probleme in der Küche, so dass wir uns kurz vor acht entscheiden mussten, ob wir uns mit der Vorspeise zufriedengeben oder auf die Anladung verzichten wollten. Wir entschieden uns für den Abendausflug, denn wir wollten die Zügelpinguine sehen.
Durch ein Missverständnis mit einem unserer Guides, machten wir zunächst den relativ anstrengenden Aufstieg auf den Vulkan und erfuhren am Kraterrand, dass die Pinguinkolonie nicht dort oben, sondern am Strand lebte. Also postwendend wieder runter, um doch noch ein Blick auf die Tiere werfen zu können. Es nieselte gelegentlich leicht und die Beleuchtung war relativ schlecht, so dass wir an diesem Abend mit unserer Fotoausbeute nicht wirklich zufrieden waren.
Da der Zeitpunkt für die Abbergung noch nicht feststand, wurde die Ushuaia in der Nacht bei ruhiger See nach Robert Island verlegt, wo wir am Morgen mit den Zodiaks zum Robert Point gebracht wurden. Rechts von der Anlandungsstelle ist der Strand durch eine sehr breite Gletscherzunge begrenzt. Wir liefen auf der anderen Seite am grobsteinigen Kiesstrand entlang, auf dem sich Seelöwen und ein relativ großer Seeelefant aufhielten. Auf einer Anhöhe lebten Eselspinguine mit ihren Jungtieren, dazwischen auch Seelöwen und Skuas. Es war ein Kommen und Gehen. Die Elterntiere wurden nicht müde zum Strand hinunter zu marschieren, um im Meer Futter für ihre Jungen zu suchen. Etwas weiter lebte eine Gruppe von Zügelpinguinen. Irgendwann schrie jemand: „Orcas“. In der Ferne zogen 2 Tiere vorbei. Wolfgang gelang es gerade noch, die Rückenflossen zu fotografieren. Es gefiel uns gut am Robert Point.
Zum Mittagessen ging es zurück zur Ushuaia. Wir fuhren zurück in Richtung King George Island, wo wir für 18:00 Uhr eine Einladung von der polnischen Henryk-Arctowski-Forschungsstation in der Admirality Bay erhalten hatten. Am späten Nachmittag erfuhren wir, dass das Flugzeug zur Abbergung des Verunfallten wegen des anhaltenden Nebels derzeit nicht starten konnte und frühestens in 3 Tagen auf King George Island zu erwarten sei. Da wir uns zu diesem Zeitpunkt sowieso schon fast auf der Rückreise befunden hätten, hatten die Verantwortlichen der Mannschaft zusammen mit dem Verunfallten beschlossen, die gesamte Aktion abzubrechen.
Wie geplant besuchten wir die polnische Forschungsstation, wo wir herzlich empfangen wurden. Als Gastgeschenk hatte die Expeditionsleitung eine Kiste mit frischem Gemüse und Obst von Bord mitgebracht. Wir hatten Gelegenheit, uns im Gemeinschaftszentrum etwas umzusehen. Die Station wurde am 26. Februar 1977 als Basis für wissenschaftliche Forschung und damit verbundene logistische Operationen im Rahmen des nationalen polnischen Antarktisprogramms eröffnet. Der Besuch unserer ersten Forschungsstation in der antarktischen Region wurden mit einem entsprechenden Stempel in unseren Reisepässen dokumentiert.
Vor der Station waren am Kiesstrand die riesigen Knochen von Blauwalen und Adeliepinguine (Pygoscelis adeliae) zu sehen. Adeliepinguine sind eine antarktisch-subantarktische Art der Pinguine. Sie gehören wie die Esels- und Zügelpinguine zur Gattung der Langschwanzpinguine. Charakteristisch für den Adeliepinguin sind der schwarze Kopf, die weißen Ringe rund um die Augen und der verhältnismäßig klein wirkende Schnabel. Neben Kaiserpinguinen sind Adeliepinguine die einzige Pinguinart, die auf dem Hauptteil des antarktischen Festlands anzutreffen ist.
Während des Abendessens ging die Fahrt weiter auf direktem Weg zur Antarktischen Halbinsel. Die Nachtfahrt durch die Bransfield Strait war ruhig.
Als der Wecker um 6:30 Uhr klingelte, befanden wir uns bereits im Antarctic Sound (Antarctic Strait), der Meerenge zwischen der antarktischen Halbinsel und Joville Island. Um uns herum schwammen jede Menge Eisberge. In der Ferne war ein weiteres Kreuzfahrtschiff zu sehen, vermutlich die Zaandam, die wir 2014 schon in Alaska gesehen hatten.
Nach dem Frühstück ging es dann im Zodiak zur Argentinischen Forschungsstation Esperanza. Sie liegt am nördlichen Ende des Antarktischen Festlands auf der Trinity-Halbinsel an der Hope Bay (spanisch Bahía Esperanza). An der Anlandungsstelle wurden wir vom Stationsleiter empfangen. Auch zu dieser Station brachten die Expeditionsleiter eine Kiste mit Obst und Gemüse als Gastgeschenk mit. Der Nebel vom Vorabend hatte sich verzogen, die Sonne kam raus, und wir waren wieder zu warm angezogen. Machte aber nichts, wir waren nun endlich auf dem antarktischen Festland.
Nach einem kurzen Fußweg kamen wir an einer Steinhütte vorbei, in der vor einhundert Jahren drei Teilnehmer der Nordenskjöld-Expedition unfreiwillig überwinterten. Diese Steinhütte ist heute ein historisches Monument.
Der Stationsleiter führte uns durch einen Teil der Anlage. Wir besuchten ein kleines Museum, eine Kapelle und die Schule der Station. Die beiden Kinder des Stationsleiters empfingen uns dort mit Kaffee und Tee. Die restlichen Schüler verbrachten die Sommerferien in Argentinien.
Auf dem gesamten Gelände liefen Pinguine herum, überwiegend Zügelpinguine, aber es waren auch einige Eselspinguine dabei.
Auf uns machte die Station nicht so richtig den Eindruck einer Forschungsstation. Das herumstehende technische Gerät war schon in die Jahre gekommen. Die Schlitten und die Schneeraupe hatten unserer Meinung nach eher historischen Wert. Vielleicht haben wir die neueren Gerätschaften auch nicht gesehen. Ein Blick in den Schuppen des technischen Ausrüsters der Station ließ daran jedoch Zweifel aufkommen. Den Reiseführern nach ist diese Station auch nur ein vorgeschobenes Argument Argentiniens, um den Gebietsansprüchen Nachdruck zu verleihen.
Um 11:00 Uhr ging es für uns weiter mit einer Zodiakfahrt durch die Eisberge, und die zweite Gruppe unserer Mitreisenden bekam die Möglichkeit, die Forschungsstation Esperanza zu besichtigen. Wir sahen viele Pinguine auf den Eisbergen und Eisschollen und haben fotografiert bis die Akkus leer waren. Das gefiel uns sehr gut, gab allerdings auch kalte Finger.
Zum Mittagessen wartete die Restaurantmannschaft mit einem Überraschungsessen auf uns: Sie hatten ein argentinisches „asado“ vorbereitet. Eine wirkliche Überraschung war es nicht, denn wir hatten schon am Morgen auf dem Weg zu den Zodiaks gesehen, dass der Grill angeheizt wurde, egal, es schmeckte sehr gut.
Am Nachmittag wurden wir zum Brown Bluff (Braune Klippe) gebracht, einem eindrucksvollen Tafelberg an der Küste der Tabarin Halbinsel, die die Spitze der antarktischen Halbinsel bildet.
Die ca. 2,5 km lange Bucht durchbricht die schier endlos erscheinende Front der bis ans Meer reichenden Gletscher. Hinter einem Kiesstrand ziehen sich immer steiler werdende Hänge aus braunem Geröll mehrere hundert Meter hinauf bis zu einer senkrecht aufragenden Klippe, die an ihrer höchsten Stelle 745 m hoch ist.
Es war Hochwasser und auf dem dadurch recht schmalen Strand und auf den rundum liegenden Hängen hielten sich mehrere tausend Adeliepingunine und einige hundert Eselpinguine auf. Wir konnten uns langsam im Gänsemarsch zwischen den Tieren hindurchbewegen. Schön war, dass die Tiere hier nicht ganz so scheu waren wie an anderen Stellen. In der Nähe des Anlandungsplatzes hielten sich viele Jungtiere auf, die ihre Eltern um Futter anbettelten. Wir wunderten uns zunächst, dass diese erst immer wegrannten und die Kleinen hinter sich herlaufen ließen, bis es dann endlich zur ersehnten Fütterung kam. Wir erfuhren, dass sich die Pinguine vor der Fütterung immer ein bisschen näher zum Wasser bewegten, um ihren Kleinen so beizubringen, dass sie ihr Futter im Meer finden konnten.
Auch nach diesem spannenden Besuch auf dem antarktischen Festland machten wir noch einmal eine kurze Zodiakfahrt durch die Eisberge – für uns immer wieder faszinierend.
Nachdem wir die Nacht kreisenderweise südlich im Schutz der Tabarin Halbinsel verbracht hatten, war am nächsten Morgen um 8:00 Uhr die Einfahrt in die Active Strait, die Meerenge zwischen Joinville Island und Dundee Island, vorgesehen. Die Durchfahrt der Active Strait war ein Novum für den Kapitän und die gesamte Mannschaft, dementsprechend hoch war die Anspannung auf der Brücke.
Die Wasserstraße wurde rechts und links von Gletschern mit gigantischen Ausmaßen begrenzt. Auch hier schwammen überall Eisberge um uns herum, dabei auch sehr viele Tafeleisberge unvorstellbarer Größe. Das Farbenspiel der im Wasser schwimmenden Kolosse war unbeschreiblich schön. Wir konnten einfach nicht genug davon bekommen. Einen der Giganten haben wir mit der Ushuaia komplett umrundet, jede Seite sah anders aus, einfach toll. Selbst vom Peildeck der Ushuaia (ca. 12 m) mussten wir zu diesem Koloss hinaufschauen. Die Oberfläche konnten wir nicht sehen, nur die Eiszapfen, die durch Schmelzwasser den Eisberg verzierten.
Wir hielten uns ca. zwei Stunden in der Active Strait auf und fuhren dann in die Tay Strait. Auch hier waren am Ufer riesige Gletscherfelder und im Wasser Tafeleisberge mit unvorstellbaren Ausmaßen zusehen.
Für den Nachmittag war eine Anlandung auf Paulet Island vorgesehen. Paulet Island ist eine winzige Insel im Süden von Dundee Island im Antarctic Sound. Eine Anlandung ist nur im Sommer möglich, da der Eisgürtel der Weddell See nur dann zögerlich aufbricht. Die Insel beherbergt die größte Kolonie von Adeliepinguinen in der Antarktis. Im Januar 1999 wurden 100.000 Nester gezählt. Nachdem nun schon tausende von Pinguinbildern auf unserer Festplatte gespeichert waren, interessierte Dagmar sich erst einmal mehr für die Kolonie der Antarktischen Kormorane, die sich am Ende des Strandes angesiedelt hatten und hier ihre Jungen großzogen. Aber die anderen Fotomotive blieben natürlich auch nicht unberücksichtigt. Für uns gab es hier auch noch ein kleines „Highlight“: Auf Paulet Island sahen wir zum ersten Mal, wenn auch nur für wenige Sekunden, einen Seeleoparden (Hydrurga leptonyx).
Aus der Weddell See kamen immer wieder Eisschollen angeschwommen, die von Pinguinen als Fahrzeug genutzt wurden. Es war auch eine recht große dabei, etwa halb so lang wie die Ushuaia, die ebenfalls mit Pinguinen besetzt war. Bevor wir mit dem Zodiak zurück zum Schiff fuhren, gönnte uns der Bootsführer noch eine Extrarunde um diese Eisscholle. Sie war zu dieser Zeit bereits am Schiff vorbeigezogen. Wir fotografierten, bis der Akku leer war. Danach nahm Wolfgang noch ein Video mit dem Handy auf (wird später mal hier veröffentlicht). Es war einfach toll, die Pinguine so nah vor uns von der Eisscholle ins Wasser und sie auch wieder hinaufspringen zu sehen.
Noch während des Abendessens wurde der Anker gelichtet und der Kurs durch den Arctic Sound Richtung Deception Island abgesetzt.
Am nächsten Morgen erreichten wir Neptune’s Bellow, die relativ schmale und flache Einfahrt von Deception Island, wie geplant um 7:00 Uhr. Wir verfolgten die Durchfahrt auf der Brücke. Neptune’s Bellow ist zwar ca. 270 breit, aber durch ein norwegisches Schiff, das dort auf Grund gelaufen ist, nur knapp 10 m tief. Ein großer Stein in der Mitte erschwert die Navigation zusätzlich. Bei klassischer Musik manövrierte unser Kapitän die Ushuaia sicher im Abstand von ca. 10 m mit den Felsen an der Steuerbordseite durch diese Meerenge – ein bewegendes Erlebnis.
Deception ist ein aktiver Vulkan, der in der Zeit von 1800 – 1971 neun Eruptionen hatte. Wir ankerten in der Telefon Bay, einer kleinen Bucht an der Nordwestseite von Port Foster, dem inneren Bereich von Deception Island. Nach Anlandung mit dem Zodiak, wanderten wir hinauf zum Kraterrand. In der mit Eisformationen durchsetzten Kraterlandschaft fand Dagmar nach der großen Zahl an Pinguinbildern mal wieder Fotomotive ganz anderer Art.
Für die ganz Mutigen stand nach der Vulkanwanderung der „Arctic Plunge“, ein Bad im eiskalten Kratersee auf dem Programm. Das Wasser war lehmig und noch dazu nieselte es. Wir haben dankend abgelehnt, aber immerhin vierzig Teilnehmer hatten ihren Spaß daran.
Nach dem Mittagessen an Bord ging es dann weiter durch die Bransfield Strait entlang Livingston Island nach Half Moon Island, einer kleinen halbmondförmige Insel in der Moon Bay an der linken Seite der Mc Farlanne Strait zwischen Livingston Island und Greenwich Island.
Auf Half Moon Island gibt es noch eine kleine argentinische Forschungsstation namens „Cámara“, auf der aber seit längerer Zeit keine Aktivitäten zu beobachten sind.
Unsere letzte Anlandung auf dieser Reise sollte uns noch einmal eine bisher nicht dagewesene Pinguin-Begegnung ermöglichen: Die Mannschaft hatte gehört, dass hier neben etlichen Zügelpinguinen auch ein- oder zwei Pärchen Makaronipinguine brüteten. Für den, der sie aufspürte, sollte es eine Flasche Schampus geben.
Wir fanden sie nicht, erfreuten uns aber beim Spaziergang über die Insel noch einmal an den Zügelpinguinen, einer Pelzrobbe und an der rauhen Landschaft.
Auf dem Rückweg zum Zodiak konnten wir beobachten, wie Antarktische Seeschwalben in Gruppen Skuas attackierten. Vermutlich hatten die Skuas versucht, ihre Nester zu plündern.
Bei der Fahrt mit dem Zodiak zurück zum Schiff wurden wir noch einmal so richtig nass. Gut, dass wir beide Kameras in wasserdichten Rucksäcken verstaut hatten.
Zurück an Bord der Ushuaia wurden dann unsere Schwimmwesten wieder eingesammelt und die Gummistiefel mit dem Hochdruckwaschgerät gereinigt. Damit war das Ende der Antarktisexpedition eingeläutet.
Zumindest ein Makaronipinguin lebt tatsächlich auf Half Moon Island. Einige Mitreisende konnten ihn fotografieren als wir schon im Zodiak saßen.
Es fehlten nur noch die zweitägige Drake Passage und die anschließende Fahrt durch den Beagle-Kanal. Dagmar wollte die Zeit nutzen, um den Reisebericht fertigzustellen, aber das ging ganz schön schief. Obwohl der Kapitän eine vergleichsweise ruhige Reise angekündigt und sie sich trotzdem rechtzeitig ein Scopoderm TTS-Pflaster hinter das Ohr geklebt hatte, wurde ihr nach kurzer Zeit in der Kabine vor dem Laptop übel. Sie ließ das Mittagessen ausfallen, legte sich ins Bett und schlief ein. Als sie am späteren Nachmittag wieder aufwachte, war der Spuk, Gott sei Dank, vorbei. Sie beschloss, vorsorglich den Laptop und die Kamera während der restlichen Reise nicht mehr anzurühren und sich weitgehend im Salon oder auch mal auf der Brücke aufzuhalten, wo sie den Horizont gut im Blick behalten konnte. Diese Rechnung ging dann glücklicherweise auf, und sie konnte den Ritt durch die Wellen teilweise sogar richtig genießen. Das galt besonders auf der Brücke, wo der erste Offizier mit passender patagonischer Musik aufwarten konnte.
Am Nachmittag des zweiten Tages auf der Drake-Passage gab es eine Verabschiedungsveranstaltung mit der gesamten Schiffbesatzung. Alle Passagiere erhielten einen USB-Stick in Form der Ushuaia mit wesentlichen Informationen zu unserer Reise und einer passenden, musikunterlegten Fotoshow. Eine nette Geste. Zusätzlich gab es unter viel Beifall noch für jeden eine Urkunde, auf der unsere Anlandungen auf der Antarktischen Halbinsel dokumentiert wurden. Dadurch waren ja aus uns „Expeditioners“ „Antarcticans“ geworden. Ob uns das irgendwo nochmal hilft?
Von Monika, der Expeditonsleiterin, wurden dann alle noch über die Folgen des Corona-Covid 19 Virus informiert, das begonnen hatte, sich in der Welt auszubreiten. Besonders den Passagieren, die nach Ankunft in Ushuaia direkt vom Schiff zum Flughafen fahren wollten, wurde empfohlen, sich auf dem Weg dorthin, in einer Apotheke Gesichtsmasken und Händedesinfektionsmittel zu besorgen. Von den an Bord befindlichen Langzeitreisenden ahnte zu diesem Zeitpunkt noch keiner, welche Konsequenzen diese Pandemie auch für sie haben sollte.
Das letzte Abendessen fand zusammen mit Kapitän, dem erstem Offizier und erstem Ingenieur statt – auch auf einem Expeditionsschiff muss man nicht auf ein Captain’s Dinner mit adäquatem Dessert verzichten.
Um 7:00 Uhr liefen wir in Ushuaia ein. Nach dem Frühstück wurden Gruppenfotos gemacht, dann ging es von Bord.
Für uns waren diese drei Wochen auf jeden Fall eine tolle Bereicherung unserer bis dahin schon sehr schönen und eindrucksreichen Langzeitreise.