VON USHUAIA GEN NORDEN

4. Etappe: Von Puerto Montt bis Panguipulli

24.02 bis 07.03.2020

Puerto Montt, eine Großstadt mit etwa 250.000 Einwohnern, hat uns nicht besonders gefallen, aber wir brauchten neue Hinterreifen und waren froh, dass wir in der Nähe vom Hafen einen Reifenhändler fanden, der die Reifen vorrätig hatte und auch am gleichen Tag noch montieren konnte. Es war 14:30 Uhr und das Montieren und Auswuchten sollte so in etwa zwei Stunden erledigt sein. Es wurden südamerikanische zwei Stunden, um 19:30 Uhr konnten wir die Werkstatt verlassen. Ausgewuchtet waren die Räder allerdings nicht, weil unsere Felgen für das dort vorhandene Werkzeug zu groß waren. Wir sollte am nächsten Tag wiederkommen, dann würden die Räder abmontiert, bei einer anderen Firma ausgewuchtet und dann wieder montiert. Da wir am nächsten Tag zur Mercedes-Werkstatt in Llanquihue wollten, lehnten wir dankend ab und erhielten der Betrag für das Auswuchten zurück. Dummerweise ist bei der Montage der Reifen eine Ventilverlängerung kaputtgegangen und Ersatz hatten sie nicht. Der Chef wollte am nächsten Tag eine neue besorgen und Wolfgang eine SMS schicken, wenn er sie hat. Diese SMS haben wir bis heute nicht erhalten.

Während wir auf die Reifenmontage warteten, errichteten einige randalierende, teilweise vermummte Jugendliche auf der Straße vor der Werkstatt eine brennende Straßenblockade. Kurz darauf waren eine ganze Reihe behelmte Polizisten da und liefen mit der Hand an der Pistole den Randalierern hinterher. Uns wurde angst und bange. In so etwas wollten wir auf keinen Fall hineingeraten. Der Chef der Werkstatt erklärte uns, wie man auf kürzestem Weg die Stadt verlassen und auf die Panamericana nach Norden fahren kann. Die Panamericana ist hier autobahnähnlich ausgebaut und mautpflichtig. Da freie Stellplätze in dieser Gegend rar sind, fuhren wir in Llanquihue auf den Campingplatz Werner. Es war mittlerweile 21 Uhr und das Tor war geschlossen, aber nach einiger Zeit wurde es geöffnet und wir konnten die Nacht dort verbringen.

Am nächsten Vormittag fuhren wir wie geplant zur Mercedes-Werkstatt. Ölwechsel war fällig, der Kraftstoffvorfilter undicht, und Wolfgang hörte seit einiger Zeit ein Klappern an der Vorderachse. Öl- und Ölfilterwechsel und der Austausch des Kraftstoffvorfilters sollten etwa 3 – 4 Stunden dauern. Es dauerte allein 3 Stunden, bis das Wohnmobil in die Halle geholt wurde. Wir konnten uns weiterhin im Fahrzeug aufhalten. Nach der 90minütigen Mittagspause wurde das Öl gewechselt und dann nach dem Klappern gesucht. Der Monteur fand die Ursache nicht. Als Wolfgang ihm sagte, dass man das Geräusch nur auf Wellblechpisten hört, fuhr er mit uns zu einer Piste und konnte sich selbst davon überzeugen. Zurück in der Werkstatt wurde erst einmal diskutiert. Gegen 18 Uhr erfuhren wir dann, dass wir am nächsten Tag wiederkommen sollten. Sie vermuteten, die Zahnstangenlenkung könne defekt sein und sie müssten der Sache weiter auf den Grund gehen.

Zum Campingplatz Werner wollten wir nicht zurück. Im iOverlander hatten wir gelesen, dass es an der V 155 hinter Frutillar einen Campingplatz speziell für Wohnmobile geben sollte. Den wollten wir uns ansehen. Als wir dort ankamen war das Tor verschlossen und kein Mensch zu sehen. Wir fuhren ein Stück auf der Piste zurück, denn dort hatten wir auf der Hinfahrt einen Platz neben der Straße gesehen, auf dem schon zwei Einheimische mit ihren Autos standen. Dort war für uns auch noch Platz und nach dem ganzen Tag in der Autowerkstatt war es ganz schön, auf den von der Abendsonne beleuchteten Vulkan Osorno und die umliegenden Berge schauen zu können.

Während des Abendessens klopfte es an unserer Tür. Es war der Besitzer des Campingplatzes. Er hatte uns beim Vorbeifahren gesehen und wollte uns auf seinen Platz aufmerksam machen. Wir hatten an diesem Abend keine Lust mehr, nochmal umzuparken.

Wir fuhren wir direkt nach dem Aufstehen ohne Frühstück los, denn wir wollten um 8:30 Uhr bei Mercedes sein. Wolfgang gab den Schlüssel ab, dann warteten wir. Gegen 10 Uhr wurde das Fahrzeug in die Halle geholt und weiter gerüttelt und gewackelt. Dann fuhren zwei andere Mitarbeiter mit uns erst zu einer anderen Wellblechpiste, dann wieder zur ersten und schließlich zurück in die Werkstatt. Der Fehler war gefunden, die Stoßdämpfer waren defekt. Vorrätig waren Stoßdämpfer in dieser Mercedes-Werkstatt nicht, aber sie könnten für uns zusammen mit einem neuen Dieselfilter bis zum nächsten Tag besorgt werden. Wolfgang schlug vor, auch die Ventilverlängerung zu bestellen. Das sollte gemacht werden. Die Reparatur kostete 2.000.000 CLP und musste vorher bezahlt werden. Wolfgang bezahlte und wir sollten am nächsten Morgen um 9:00 Uhr wiederkommen. Die Teile kämen spätestens bis 11 Uhr und vorher könne man ja schon einiges vorbereiten.

Da es noch relativ früh war und die Sonne schien, fuhren wir auf der X 225 nach Puerto Varas am Lago Llanquihue. Puerto Varas wurde, wie die meisten Ortschaften an diesem See, Mitte des 19. Jahrhunderts von deutschen Einwanderern gegründet. Die Stadt hat heute rund 40.000 Einwohner und lebt hauptsächlich vom Tourismus. Puerto Varas ist ein wirklich hübscher Ort, mit vielen gepflegten Ferienhäusern und Hotelanlagen entlang der Uferstraße.

Die Parkplatzsuche gestaltete sich zunächst im Zentrum etwas schwierig, daher fuhren wir erstmal bis zum Jumbo-Markt, um einzukaufen. Wir deckten uns mit neuen Vorräten ein, denn der Laden war überraschend gut sortiert, und es gab zu unserer Freude auch sehr viele deutsche Produkte.

Danach fanden wir an der Strandpromenade doch noch einen Parkplatz und schlenderten einige Zeit durch den Ort. Wir gönnten uns ein leckeres Eis und genossen an der Strandpromenade den tollen Ausblick auf den Vulkan Osorno.

Zurück in Llanquihue wählten wir diesmal den Campingplatz Baumbach als Stellplatz für die Nacht. Die Zufahrt dort war eng und wellig, aber auf diesem Platz standen wir besser als auf dem Campingplatz Werner. Hier sollte es Trinkwasser geben und Wolfgang füllte unseren Wassertank nochmal nach. Als er noch eine zusätzliche Schüssel Wasser zum Salatwaschen holte, merkte er, dass das Wasser bräunlich gefärbt war. Ob es aus der Quelle wegen des humosen Bodens die Farbe angenommen hatte oder ob es Eisen war, wissen wir nicht. Jedenfalls sah es nicht gut aus. Glücklicherweise hatte Wolfgang nicht sehr viel nachfüllen müssen. Beim Abendessen konnten wir diesmal den Osorno beim Sonnenuntergang von unserem Esszimmer aus bewundern.

Am nächsten Morgen waren wir pünktlich um 9:00 Uhr bei Mercedes. MEXI wurde irgendwann in die Halle geholt, danach: Schweigen. Am späten Vormittag kam unser Monteur und begann die Stoßdämpfer zu demontieren. Dann wurde, wie zu erwarten, erstmal Mittagspause gemacht.

Nachdem am Nachmittag die neuen Stoßdämpfer und der neue Dieselvorfilter montiert waren, musste die Spur eingestellt werden. Das ging aber nur im Puerto Montt! Ein Mercedesmitarbeiter fuhr mit uns dorthin, dann: Warten. Nachdem die Spur eingestellt war, mussten noch die Räder ausgewuchtet werde. Das ging auch bei dieser Firma nicht und die Werkstatt, bei der es hätte gemacht werden können, hatte schon geschlossen, denn es war schon wieder nach 18 Uhr.

Und dann war da noch die Sache mit den Ventilverlängerungen, denn die waren doch nicht mitbestellt worden. Man war wohl davon ausgegangen, dass es diese hier bei dem Vermessungsbetrieb gäbe, gab es aber auch nicht. So fuhr der Mercedesmitarbeiter mit uns in Puerto Montt von Laden zu Laden, bis wir fündig wurden. Es gab genau eine, und die war etwas länger als die alte. Wir brauchten aber noch drei, also suchten wir weiter. Auch die fanden wir, auch sie waren wieder erheblich zu lang, aber besser als gar keine.

Anschließend fuhren wir noch zu einer zweiten Werkstatt, die Räder mit großen Felgen auswuchten kann. Es war wohl telefonisch abgesprochen, dass wir noch so spät vorbeikamen, aber ausgewuchtet wurde dort auch nicht mehr. Wir sollten am nächsten Tag um 9:00 Uhr wiederkommen.

In dichtem Berufsverkehr fuhren wir zurück nach Llanquihue. Wie gewünscht erhielten wir noch eine spezifizierte Rechnung, um 19:30 Uhr konnten wir die Werkstatt verlassen. Wir fuhren nochmal zum Campingplatz Baumeister. Unterwegs holten wir uns noch ein Grillhähnchen, denn Lust zu kochen hatte wir an diesem Abend nicht mehr.

Am nächsten Morgen fuhren wir früh nach Puerto Montt. Wir kamen gut durch und standen kurz vor 8 Uhr vor der Werkstatt. Wir waren gerade mit dem Frühstücken fertig, als kurz vor 9 Uhr die Mitarbeiter kamen. Kurze Zeit später wurden die Tore geöffnet, Wolfgang ging hinein und erfuhr, dass sie nicht genug Personal hatten, um an mehreren Fahrzeugen gleichzeitig zu arbeiten. Um 9:30 Uhr ging es dann für uns los und 2 Stunden später waren alle 6 Räder professionell ausgewuchtet wieder montiert.

Da sich Wolfgang zwischenzeitlich überlegt hatte, dass es besser wäre, noch ein Ersatzventilverlängerung zu haben, kauften wir noch eine bei dem Ersatzteilhändler, bei dem wir am Vorabend mit dem Mercedesmitarbeiter 3 erhalten hatten. Die Gegend war nicht die beste von Puerto Montt, aber es ist alles gut gegangen.

Unser nächstes Ziel war der Vulkan Osorno, den wir die ganze Woche schon aus der Ferne gesehen hatten. Der Weg führte uns durch Puerto Varas, wo wir nicht widerstehen konnte, noch einmal im Jumbo-Markt einzukaufen, bevor es auf der CH 225 am Lago Llanquihue entlang nach Ensenada ging. Die Strecke war landschaftlich sehr schön, mit sehr viel Grün und immer wieder Blick auf den See und den Vulkan. Hinter Ensenada fuhren wir weiter auf der U 55 V und V 555 zum Parkplatz oben am Vulkan Osorno. Wir erreichten den Parkplatz in 1200 m Höhe um 15:45 Uhr und stellten den MEXI dort. Es war einiges los, aber das war auch nicht verwunderlich bei so schönem Wetter.

Wir fuhren mit dem Sessellift bis zur Endstation und waren begeistert von dem tollen Ausblick. Beim Aussteigen erfuhren wir, dass es nur bis 17:30 Uhr möglich war, mit dem Sessellift wieder abzufahren. Wir machten daher oben nur einen kleineren Spaziergang zur Gletscherkante, denn auf dem Geröll wollten wir nicht nach unten zum Parkplatz laufen.

Es war interessant anzusehen, mit was für Schuhwerk manche Leute die recht steilen Pfade dort hochgehen, z. B. in schwarzen, hochhackigen Lackstiefeln!

Bei der Abfahrt sahen wir den roten Krater vom Sessellift aus. Wir hätten es nicht geschafft, den Trail dorthin und zurück vor 17:30 Uhr zu bewältigen. Die Aussicht bei der Abfahrt war noch beindruckender als hoch. Wir hatten bestimmt 100 km Fernsicht.

Wir beschlossen, auf dem Parkplatz nächtigen. Im Kiosk sagte man uns, dass das kein Problem sei. Als die meisten Fahrzeuge weg waren, suchten wir uns einen besseren Standplatz für die Nacht, von dem wir beim Abendessen und auch noch danach das Farbenspiel der untergehenden Sonne am Himmel bewundern konnten. In der Nacht waren wir dort oben ganz allein. Es gab keine Lichtverschmutzung, und wir sahen einen tollen Sternenhimmel, sogar mit der Milchstraße. Dieser Abend half dabei, die Erinnerungen an die vielen in den Werkstätten verbrachten Stunden etwas verblassen zu lassen.

Als Wolfgang am nächsten Morgen um 5 Uhr einmal aufwachte, war es sternenklar und er konnte den Lago Llanquihue sehen. Als wir dann gegen 7 Uhr aufgestanden, lagen der See und die umliegenden Täler unter einer dichten Wolkendecke, während wir oben glasklaren Himmel ohne Wolken hatten. Langsam färbte sich der Himmel durch die aufgehende Sonne orange. Auch das war ein tolles Farbenspiel.  Wären wir auf Seehöhe gewesen, hätten wir den Vulkan nicht sehen können, wie die gesamte Woche vormittags, denn es wurde stets erst am Nachmittag schön.

Am Nachmittag fuhren auf der V 555 runter und weiter auf der U 55 V am See entlang bis nach Puerto Octay. Auch das war eine landschaftlich sehr schöne Strecke, wieder sehr grün, oft riesige Nalca-Pflanzen, Fuchsienbüsche und einige kleinere Wasserfälle. Wir fanden mit Hilfe vom iOverlander einen ruhigen Stellplatz für die Nacht am Ende einer Stichstraße in einem Wohngebiet gelegen. Im Garten neben unserem Küchenfenster konnten wir zwei Zügelibisse aus kurzer Distanz beobachten, was natürlich wieder zu einer Bilderflut führte.

Am nächsten Morgen war der Himmel bedeckt und die Wolken hingen sehr tief. Das Foto von Puerto Octay von einem Aussichtspunkt etwas oberhalb des Ortes hätten wir besser bei unserer Ankunft am Vorabend machen sollen. Wir fuhren zurück auf der U 55 V bis zur U 99 V auf dieser dann wieder einige Kilometer nach Süden, um dann auf die U 51 nach Entre Lagos abzubiegen. Zunächst fuhren wir durch Weide- und Ackerbauflächen, dann ging es in intensiven Holzanbau über. Entweder standen die Eukalyptusbäume in Reih und Glied oder sie lagen gefällt auf riesigen, abgeholzten Waldflächen.

In Entre Lagos machten wir am Mittag einen kurzen Zwischenstopp, dann ging es weiter am Lago Puyehue entlang zum Parque Nacional Puyehue an der argentinischen Grenze. Die Fahrt am See entlang war nicht so schön wie erhofft, denn die Wolken hingen immer noch sehr tief.

Der Nationalpark Puyehue machte gemäß unserem Chile-Reiseführer von Reise Know-How 2011 weltweit von sich reden, als die Vulkankette Puyehue-Caulle nach über 5 Jahrzehnten Ruhe erstmals wieder ausbrach. Eine gewaltige Aschewolke verschüttete Straßen und Siedlungen. Stark betroffen waren u.a. die argentinischen Städte Villa Angostura und Bariloche, die in der Hauptwindrichtung lagen. Die Asche wurde bis nach Südafrika, Australien und Neuseeland geweht, beeinträchtigte dort den Flugverkehr und kam nach zwei Wochen Erdumrundung wieder in Chile an. Heute ist der Vulkan Puyehue (2236 Meter) wieder ruhig. Wir konnten uns ehrlich gesagt nicht mehr an dieses Ereignis erinnern.

Am Parkeingang in Agua Calientes gibt es heiße Quellen (42°C), deren Wasser in einem Freibad und in einem Hallenbad genutzt werden. Ursprünglich wollten wir hier eine kleine Wanderung machen und dann in der Therme entspannen, aber  hier gab keinen aus unserer Sicht sicheren Platz für den MEXI. Den Preis des bewachten Parkplatzes ca. 10 € hielten wir für deutlich überzogen. Neben der Straße waren Holzabtrennungen, von den man überall leicht auf das Fahrzeug klettern konnte. An solchen Stellen wollen wir unser Wohnmobil grundsätzlich nicht stehen lassen.

Wir fuhren daher weiter in den Park hinein. Bis dorthin war alles asphaltiert, aber nun begann mit der U 485 wieder eine Piste und dazu leichter Nieselregen. Es staubte nicht, aber trotzdem war es nicht so toll. An der Laguna Espejo hielten wir an und machten einige Fotos – Bergsee im Nebel.

Es waren 27 km bis zu dem Skigebiet Antillanca mit der Möglichkeit, dort auf dem Parkplatz zu nächtigen. Als wir ungefähr eine Höhe von 600 m erreicht hatten, kam langsam die Sonne durch, und wurde es freundlicher. Bei 800 m Höhe hatten wir strahlend blauen Himmel. Wir hatten ja bei unserer Übernachtung auf dem Osorno auch schon festgestellt, dass morgens die Täler unter einer geschlossenen Wolkendecke liegen, während der Himmel oben in 1200 m strahlend blau ist.

Am Lago Toro machten wir auch noch einige Bilder, es war einfach schön dort.

In dem Skigebiet gibt es eine kostenpflichtige Privatstraße, die noch weiter auf den Vulkan Casa Blanca hinaufführt. Wir fragten, ob wir dort auch nächtigen könnten. Die junge Rangerin sagte uns, dass das problemlos möglich sei. Wir unterhielten uns noch etwas ihr, bezahlten und fuhren dann weiter. Die Piste sollte in etwa so sein, wie die, auf der wir nach Antillanca gekommen waren.  Das war bei weitem nicht so. Es waren schon einige Passagen der übelsten Art dabei.

Wir wollten zunächst, wie von der Rangerin empfohlen, auf einem kleinen Parkplatz am Krater Raihuen übernachten. Da dort schon 3 Fahrzeuge standen, fuhren wir noch ein Stück weiter. In 1369 m Höhe bei S 40.791180° und W 072.19041° war die Piste definitiv zu Ende. Wir stellten das Wohnmobil ab und waren von dem tollen Ausblick von hier oben begeistert. In der Ferne sah man die Vulkane Osorno, Puyehue und Puntiagudo.

Wir standen in nächster Nähe zum Gipfel des Vulkans Casa Blanca, der bei guter Erfahrung auch bestiegen werden kann (8 Stunden). Wir wanderten ein Stück in Richtung der Vulkanspitze und dann noch einmal runter zu dem Parkplatz am Kraterrand, um endlich mal wieder unsere 10.000 Schritte/Tag zu erreichen. Das Laufen war in der letzten Zeit etwas zu kurz gekommen. Am Parkplatz waren wir uns einig, dass uns der Standplatz weiter oben eindeutig besser gefiel.

Als wir zum MEXI zurückkamen, stand noch ein weiteres Fahrzeug dort. Wir vermuteten, dass die Leute den Sonnenuntergang von hier oben beobachten wollten. Sie fuhren jedoch schon früher wieder hinunter, so hatten wir die untergehende Sonne und danach sternklaren Himmel für uns allein – Reisen im Wohnmobil: Die große Freiheit!

Auch am nächsten Morgen war der Himmel dort oben wieder klar, während die umliegenden Täler mit einer weißen Wolkendecke bedeckt waren. Die Fahrt hier hoch hatte sich wirklich gelohnt. Auf dem Weg nach unten machte Dagmar noch einmal einige Aufnahmen vom Skihang, dem „historischen“ Sessellift und einem Streifen im Wald in der Nähe des Hotels, der von oben wie eine Landebahn aussah.

Als wir an einem Wasserfall vorbeikamen, nutze Wolfgang die Gelegenheit, unser Wohnmobil etwas von Staub zu befreien. Wir hielten noch einmal an der Laguna Espejo, die ohne Nebel viel freundlicher aussah.

Bei ca. 500 m waren wir wieder unter der Wolkendecke, und das hielt auch bei unserer Fahrt auf der CH 15 entlang des Lago Puyehue bis Entre Lagos an. Am Wegesrand fotografierten wir einige wenig scheue Rabengeier (Coragyps atratus). Diese Geier sind in Südamerika stark verbreitet. Sie ernähren sich hauptsächlich von Aas, machen aber bei Gelegenheit auch selbst Beute.

Unser nächstes Ziel war Lago Ranco am gleichnamigen See. Da es keine vernünftige Direktverbindung gab, fuhren wir zunächst auf der CH 215 bis Osorno, von dort auf die RN 5 bis Río Bueno und dann weiter auf der T 851 bis Lago Ranco. Die Straßen waren alle asphaltiert, das machte die Fahrt sehr angenehm. Es ging durch eine von Ackerbau und Viehzucht geprägte Landschaft mit vielen bunt blühenden Pflanzen an den Straßenrändern. Von Lago Ranco fuhren weiter am Südufer des Sees entlang, denn hier wollten wir auf einem der Aussichtpunkte nächtigen. Wir wählten den Mirador Pollaihue, der anders als die davorliegenden, etwas weiter von der Straße oberhalb einer Badebucht angelegt war. Als wir gegen 18 Uhr ankamen, waren noch eine ganze Reihe Leute am Strand, und es standen auch einige Zelte dort. Als es dunkel wurde, wurde es ruhig. Wir konnten dort sehr gut schlafen.

Der Lago Ranco ist der drittgrößte See Chiles. Die Straße rund um den See ist asphaltiert und sogar mit einem Radweg versehen. Im See gibt es mehrere bewohnte und unbewohnte Inseln. Auf der Insel Huapi in der Mitte des Sees lebt eine Mapuche-Gemeinde.

Am nächsten Morgen war der Himmel blau, nur vor den Bergen zog ein tiefhängender Wolkenstreifen entlang. Beim Frühstück hörten wir von einer nahegelegenen Weide her ein lautes und anhaltendes Muhen, so als ob eine Kuh kalbt. Das wollten wir aus der Nähe sehen, daher machten wir einen Spaziergang an der Straße entlang. Wir sahen zwar viele Kühe und Rinder auf der Weide, aber ein neugeborenes Kalb konnten wir darunter nicht ausmachen.

Dann fuhren wir weiter am Ufer des Lago Ranco entlang. Am Wasserfall Nilahue hielten wir an. Leider war der Aussichtspunkt sehr verdreckt und hohe Pflanzen verdeckten zum Teil den Blick auf den Wasserfall. Es ging weiter auf der T 551 bis Lliefén und von dort auf der T75 und T551 zum schön gelegenen Lago Maihue. Der überwiegende Teil der Straße war asphaltiert und gut zu fahren. Sie führte vorbei an Weideflächen, auf denen große Herden von Kühen und Rindern grasten. In Hueinahue hörte der Asphalt auf, und es folgte eine grottenschlechte Piste. Dazu hatten wir keine Lust und wir kehrten um. Wir machten noch ein Foto vom gegenüberliegenden Seeufer, hinter dem die infolge der Eruption 2011 aschebedeckte Caulle-Kette mit dem Vulkan Puyehue aufragt. Dann fuhren wir zurück nach Puerto Maihue und machten auch nochmal ein Foto von dem wirklich sehr schönen See. Die im iOverlander beschriebenen Stellplätze fanden wir nicht. Die Campingplätze waren nur für Zelte geeignet. Deshalb fuhren wir zurück nach Llifén und von dort weiter am Nordufer des Lago Ranco entlang auf der T 551 bis Futrono, wo es eine Fährverbindung zur Insel Huapi gibt. Da es schon 16:30 Uhr war, verzichteten wir darauf, nach Huapi zu den Mapuche zu fahren, sondern kümmerten uns lieber um einen Schlafplatz. Wir fuhren weiter auf der T 55 bis Los Lagos und von dort auf der T35 in Richtung Valdivia. An dem Abzweig zur T 330 fanden wir auf dem Campingplatz Balseo San Javier am Río Calle Calle einen geeigneten Stellplatz für die Nacht.

Am nächsten Morgen fuhren wir weiter auf der T 35 nach Valdivia. Valdivia, die Hauptstadt der Región de Los Ríos, ist eine lebhafte Industrie- und Handelsstadt mit etwa 165.000 Einwohnern am Zusammenfluss von Río Calle Calle und Río Cruces, der danach als Río Valdivia in den Pazifik mündet. 1960 sackte die Stadt durch ein heftiges Erd- und Seebeben der Stärke 9,5 in kurzer Zeit um rund 3 Meter ab. Ein Großteil aller Gebäude stürzte ein, darunter nahezu alle Industrieanlagen. Das Seebeben löste eine Flutwelle aus, durch die Schiffe auf den Strand geschleudert wurden und die die Landschaft flussaufwärts von Valdivia nachhaltig veränderte.

Für uns stand zunächst ein Einkauf bei Jumbo an. Dann suchten wir einen Parkplatz im Zentrum, denn wir wollten noch einen Spaziergang durch die Innenstadt machen. An der Kreuzung Baquedano/Vincente Pérez Rosales fanden wir einen bewachten Platz, auf dem wir sicher stehen konnten.

Wir liefen zum Mercado Fluvial am Río Calle Calle. An der Uferpromenade kamen wir an einem großen Foucaultschen Pendel vorbei, mit dessen Hilfe man ohne Beobachtungen am Himmel die Erdrotation nachweisen kann.

Auf dem Markt gab es neben vielen handwerklichen Dingen auch Obst, Gemüse und natürlich Fisch und Meeresfrüchte, auch die von Dagmar so „geliebten“ Piúres. Hinter den Fischständen lauerten Rabengeier, Kormorane und Möwen auf Futter.

Wir gingen über die Puente Pedro de Valdivia zur Isla Teja und schauten uns das Stadtzentrum vom gegenüberliegenden Ufer des Río Calle Calle an. Das in einigen Reiseführern so bunt aussehende Dach der Markthallewar mittlerweile durch die Sonne stark verblichen. Auf eine Bootsfahrt um die Insel verzichteten wir, denn wir hatten ja bereits ausreichend Seelöwen, Seehunde und Schwarzhalsschwäne gesehen.

Auf dem Weg zurück zum Zentrum kamen wir an dem architektonisch auffälligen Hotel Dreams Pedro de Valdivia vorbei. Wir schlenderten noch durch den Mercado Municipal und die Feria Artesanal. Dort kauften wir ein dickes Knäul Wolle, aus dem Dagmar dann einen Teppich für den MEXI strickte, der die Kellerfächer bei Bedarf etwas verdecken sollte.

An der Plaza Valdivia stand vor dem vernagelten Gebäude der Post ein vergitterter Mannschaftsbus der chilenischen Polizei, und auf der anderen Seite des Parkes waren mit Schutzschilden ausgestattete Polizisten zu sehen. Dagmar war es nicht geheuer. Als Wolfgang noch ein Foto von den zum Bus zurückkehrenden Beamten machte, flogen hinter ihm Steine. Wir verließen den Platz sofort und gingen zurück zum MEXI. Auf dem Weg vom Parkplatz aus der Stadt heraus kamen wir nochmals an dem Postgebäude vorbei. Die Straße war übersät mit Steinen, der Mannschaftsbus war weg, und auf der anderen Seite der Plaza stand ein Wasserwerfer oder Panzer, so genau konnten wir das nicht erkennen.

Wir fuhren auf der T 350 nach Niebla und von dort weiter entlang der Küste nach Norden.  Im iOverlander waren einige freie Stellplätze und auch Campingplätze beschrieben. Die T 350 war asphaltiert. Die angegebenen Campingplätze lagen alle weit weg vom Pazifik, und der Stellplatz an der Bahía Bonifacio war wegen Straßenbauarbeiten nicht zu erreichen. Deshalb fuhren wir weiter auf der T 366 Richtung Parque Oncol in der Hoffnung, am Parkeingang eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Den Abzweig zum Parkeingang verpassten wir und landeten stattdessen auf der T 362 nach Pilolcura, die zunächst frisch asphaltiert war. Irgendwann hörte der Asphalt auf. Laut iOverlander gab es unten am Strand einen schönen freien Stellplatz, die Abfahrt dorthin sollte allerdings recht anspruchsvoll sein. Wir überlegten lange ob wir es wagen sollten und entschieden uns schließlich dafür. Vor uns lag eine steile, mal wieder sehr ausgefahrene Piste. Dann hatten wir den Blick auf eine schöne Bucht, befanden uns aber noch in einer Höhe von 513 m. Die mussten bis zum Strand abgebaut werden, so folgten noch rund 5 km anstrengende Fahrt.

Am Strand von Pilolcura gab es einige Grillplätze auf Grasgrund, ein Haus mit Toiletten und Duschen und einen kleinen Laden, der allerdings geschlossen war. Wir richteten uns auf einem recht ebenen Platz ein und erfreuten uns an dem herrlich weißen Strand, dem Meeresrauschen und dem schönen Sonnenuntergang.

Und am nächsten Morgen sahen wir sie dann wirklich, die Pelikane auf dem Felsen und die Kühe, die wie im iOverlander beschrieben, zum Strand kamen, um Tang zu fressen.

Wir beschlossen noch einen Tag hier zu bleiben, weiter an unserem Reisebericht zu arbeiten und mal wieder zu waschen. Das Wasser, das aus dem Hahn am Duschhäuschen kam, war leicht braun. In unseren Frischwassertank wollten wir es nicht füllen, aber zum Wäschewaschen reichte es.

Am folgenden Morgen machten wir noch einen Strandspaziergang, und bei Dagmar brach mal wieder ihre Leidenschaft für Tierfotografie durch. Zeitweise hingen die Wolken recht tief und es zog Nebel am Strand entlang.

Gegen 12 Uhr machten wir uns dann auf den Weg. Zunächst mussten wir wieder die 5 km steile Piste bewältigen. An einigen Stellen drehten die Räder durch, aber wir kamen gut oben an und fuhren auf der asphaltierten Küstenstraße zurück nach Niebla. Dort kauften wir noch etwas Obst und Gemüse ein. Dann ging es weiter zum Fährterminal, von wo wir nach Corral übersetzten. Wir fuhren in den Ort rein, um noch ein Brot zu kaufen, denn das hatten wir in Niebla nicht bekommen.

Corral selbst hat nicht viel zu bieten. Für Touristen werden jedoch in der Sommersaison auf dem nahe gelegenen Castillo San Sebastián de la Cruz, das früher dem Schutz der Hafeneinfahrt von Valdivia diente, zweimal am Tag historische Kämpfe mit Kanonendonner und Originaluniformen in Szene gesetzt. Auf dieses Spektakel verzichteten wir gern, unser Ziel war der Parque Nacional Alerce Costero.

Wir verließen Corral auf der T 450 nach Westen und kamen an einer Verladestation für Holzschnitzel vorbei. In Chile wird viel Holz geschlagen, geschreddert und unter anderem nach China verschifft, wo daraus Cellulose hergestellt wird.

Wir fuhren auf der T 450 nach Chaihún und von dort weiter in Richtung Punta Falsa. An dieser Straße sollte es gemäß iOverlander an der Playa Pelche eine Picknickplatz geben, auf dem man gegen Gebühr auch nachts stehenbleiben kann. Der Weg dorthin führte über eine ganz ordentliche Piste. Wir waren die einzigen Gäste und fanden einen schönen Standplatz mit Blick auf den tief unter uns tosenden Pazifik. Unser Platz lag 51 m über dem Meeresspiegel und schon von dort sahen die sich brechenden Wellen gigantisch aus. Wir fragten uns, wie das wohl auf Meereshöhe aussah.

Nach dem Frühstück machten wir einen Spaziergang und wollten eigentlich hinunter zum Strand. Wir fanden leider keinen brauchbaren Weg und sahen uns deshalb nur die nähere Umgebung an. Hier fanden wir viele schöne Fotomotive, unter anderem einen Schopfkarakara (Caracara plancus) und einen Busch mit lilafarbenen Beeren. In Chile heißt diese Pflanze Arrayán Mach (Rhapithamnus spinosus), ihren deutschen Namen haben wir bisher nicht ausfindig gemacht. Wir konnten uns kaum losreißen von dem Blick auf die Wellen des unter uns tosenden Pazifiks. Schade nur, dass vom Wasser her immer wieder Nebel aufstieg.

Wir wollten noch bis zum Leuchtturm Faro Punta Galera fahren, aber kurz hinter Punta Falsa wurde die Piste so schlecht, dass wir beschlossen umzukehren. Wir fuhren zurück bis Chaihuín, um von dort in den Parque Nacional Alerce Costero zu fahren.  Am Parkeingang sagte man uns, dass es im Park ausschließlich Wanderwege unterschiedlicher Länge gäbe. Der kürzeste Weg war 300 m lang und führte vom Eingang zu einem Aussichtsturm. Die anderen waren erheblich länger und dauerten mindestens 2 Stunden. Da es nachts geregnet hatte, lud schon der Weg zum Aussichtsturm nicht wirklich zum Wandern ein. Wir verzichteten auf den Parkbesuch und fuhren zurück zur Fähre. Wir hatten Glück, die Fähre war gerade angekommen, und wir kamen gleich mit.

In Valdivia kauften wir nochmal wir bei Jumbo ein und fuhren dann zurück auf der T 35 bis Los Lagos und von dort auf der T 39 in Richtung Panguipulli. Während es entlang des Río Calle Calle, wie überhaupt bisher in Chile, noch sehr grün war, war die Landschaft hinter Los Lagos trocken. Nach dem vielen Grün in den Küstenregenwäldern war das schon eine Überraschung, denn waren wir ja noch auf der Pazifikseite der Anden. In Linguinegeo bogen wir von der T 39 auf die T 425 und hofften, am Lago Riñihue einen Platz für die Nacht zu finden. Die im iOverlander beschriebenen Stellplätze waren jedoch entweder für uns nicht geeignet oder wir fanden sie nicht. Daher fuhren wir nach Linguinegeo zurück und von dort weiter nach Panguipulli. Auf dem Parkstreifen neben der Strandpromenade blieben wir stehen und verbrachten dort eine ruhige Nacht.